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Sommer 2025

Pyrenäen

Sommer 2025

Pyrenäen

08

14.7.2025
 

Olek und Bolek

Die Nacht auf dem Col du Pam war zwar nicht wirklich erholsam, aber sehr ruhig...und sollte heute Protagonist unseres Programms werden. Auf dem Plan - eine 11km Tour zu insgesamt 3 Bergseen. Hei ei ei - Madame wäre nach der Anstrengung gestern eher nach einer Wellnessbehandlung gewesen, aber zwischen Skiliften und Schneekanonen (große Wintersportregion hier!) würde man wohl keine Aromaölmassage oder Kräuterstempelbehandlung buchen können.
Also ab auf die Piste. Und diesmal war Madame so schlau, kurz vor dem Verlassen des Mobils ihre 2 kleinen Helferlein Olek und Bolek aka Wanderstöcke mitzunehmen. Die Tour wartete mit ordentlich Höhenmetern auf, in die eine wie die andere Richtung. Da fühlte man sich fast wie die schwäbische Eisenbahn...hoch, runter, noch höher, noch weiter wieder runter. Olek und Bolek erwiesen einen hervorragenden Dienst, da auch hier das Gelände sehr felsig und geröllig war. Die Minimenschen dachten sich wohl nur "Wayne interessiert's?" und schwebten wie gewohnt elfengleich über die steinig-wurzeligen Wege. Die Seeumgebung war durchzogen mit Kiefern, bereits verblühtem Ginster, Azaleen und Madames Liebling, dem Wollgras. Die Luft ganz klar, die Seen herrlich erfrischend und das Wetter mit leicht wolkigem Himmel, Sonnenschein und einem kleinen Lüftchen perfekt zum Wandern. Und mit einigen Päuschen zum Futtern und Verschnaufen fühlte sich diese Tour weit weniger anstrengend an als die gestrige. Auf dem Weg zum nächsten Übernachtungsplatz durchfuhr man mal eben schnell Spanien und Frankreich, um dann in Katalonien das Lager mit frisch gefülltem Kühlschrank aufzuschlagen. Eigentlich fiel direkt beim Einfahren auf den Stellplatz in Marinet auf, dass da ziemlich tote Hose war, uneigentlich wurde das ersteinmal von allen sehr erfolgreich ignoriert. Bis sich weitere Zweifel ihren Weg ebneten. Dank Foto-Übersetzung von Google auf Katalanisch war dann auch klar, warum hier Totenstille herrschte - Platz geschlossen bis 15.7. Och menno. Dann also noch mal zurück auf die Strecke und den nächsten Campingplatz angefahren. Und nun steht man wirklich heimelig unter Platanen direkt an einem Fluss. Und einen Pool gibt es auch. Was will man meer?! Höhö.

09

15.7.2025
 

Bäumchen wechsel dich

Letzte Nacht spielte man einmal mehr Bäumchen wechsel dich, da Minimonsieur kurz nach Mitternacht drohte, von Spinnen und Ameisen aufgefressen zu werden. Dieses nächtliche Sportprogramm ist so gar nichts mehr für Madames Muskeln und Bänder - Schutzgitter abklipsen. Minimonsieur aus dem ersten Stock hieven (Weg zur Leiter durch schlafende Minimadame versperrt) und aufs andere Bett katapultieren, um sich anschließend mit höchster Konzentration und der grazilen Beweglichkeit einer olympischen Bodenturnerin auf das Hubbett zu schwingen ohne Minimadame mitten aus dem Schlaf zu reißen. Mitten aus Katalonien sollten wir heute gerissen werden - auf nach Andorra. Dem größten Zwergstaat Europas mitten in den Pyrenäen. Dieses kleine Ländchen liegt in einem einzigen Tal, beherbergt gerade einmal 79.000 Einwohner und gehört weder zur EU noch zum Schengen-Raum (uffbasse - horrende Roaming-Gebühren!). Hier gibt es netterweise mittlerweile den Euro (davor bezahlte man entweder mit Francs oder Peseten) und so kann man vor allem die gängigen Duty free-Produkte aus den Flugzeugen auch hier äußert günstig erwerben - wir brauchen weder Alkohol, Parfum noch Zigaretten und schon gar keinen Jubel, Trubel, Heiterkeit. Daher fährt die Mannschaft schnurstracks durch die Haupstatdt Andorra le Vella (übersetzt Andorra im Tal) durch und kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Direkt nach der Grenze erwartet den Urlauber keine ursprünglichen Steinhäuschen in ländlicher Idylle, sondern eine City, die New York Konkurrenz gemacht hätte - Mc Donalds, Burger King, Tankstellen, Designer- und Outletstores, Juweliere, Autohändler, Sportgeschäfte, Hotels, Bars und vor allem...Baustellen! Hier wird wirklich an jeder noch so kleinsten Ecke gebaut. Und das bitteschön auch standesgemäß! Da man nicht viel Platz in die Breite hat (das Tal gibt die Grundfläche vor), wird alles in die Höhe gezogen. Riesige Bunker und Klötze starren die Besucher an - manche sehr durchgestylt und futuristisch bis zum geht nicht mehr, manch andere glänzen mit dem Prädikat 'gar nicht mal so schön'. So oder so - man ist erschlagen von so viel Haus und Verkehr auf so wenig Platz. Und vielleicht potenziert sich die Wirkung aufgrund der starken Kontraste - diese pulsierende Stadt vor einem natürlichen Bergpanorama. Völlig surreal! Weitaus weniger surreal die ganzen Radrennfahrer*innen, die in einem Affenzahn die Hänge hinuntersausen oder kräftig in die Pedale treten, um den Anstieg zum nächsten Pass zu meistern. Ahhhhh, die Tour de France! Viel zu lange schon nicht erwähnt, mon Dieu! Der heutige Übernachtungsplatz am Ordino Arcalís war 2016 das letzte Mal als Etappe bei der großen Frankreichrundfahrt vertreten. Und ein bisschen riecht man noch den Duft der Rennradreifen...einen Duft der ganz anderen Art versprühen dagegen Horden an Kühen, die völlig unbeeindruckt an der Bergstation zwischen den Mobilen spazieren und sich des Lebens freuen. Freuen tun sich im Winter vor allem die Skifahrer, denn Andorra ist ein einziges Wintersportgebiet! Die Hänge links und rechts der Hauptstraße (gefühlt gibt es nur eine einzige Straße durch das gesamte Land...) sind regelrecht gepflastert mit Skiresorts und Winterchalets. Das kleine Städtchen Ordino unterhalb von Arcalís präsentiert netterweise einen klitzekleinen Altstadtkern, in dem wir den Mittag verbringen. Übernachtet wird an diesem Tag direkt an der Bergstation einer Seilbahn, die glücklicherweise um 17h den Betrieb einstellte...denn der Schattenwurf der vorbeifahrenden Gondeln ließ Madame jedes Mal in Deckung gehen vor Angst, etwas würde auf sie fallen...der Anblick dieser sich plötzlich zusammenkauernden Frau muss höchst amüsant gewesen sein! Skifahrer vom letzten Winter, die sich verlaufen haben, werden im Juli natürlich nicht von der Seilbahn befördert - hier hat man auch die Sommertouristen für sich entdeckt. Und so chauffiert man wanderlustige Urlauber auf gut 2000 Meter, damit sie es zu Fuß nicht mehr allzu weit auf schöne Aussichtspunkte haben - wie den Mirador Solar de Tristaina. Den sparte sich die Mannschaft. Sollte sie doch morgen einen noch viel besseren Ausblick genießen können.

10

16.7.2025

Schätzelein, isch hab Rücken

6Uhr30 Weckergebimmel
7Uhr30 Tourstart am Ordina Arcalís
9,5 Kilometer über Blockfelder und Kletterpassagen
250000 Minuten Todesangst einer gewissen Madame 
7,5 Stunden wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein
1 Tube Sonnencreme LSF 50+

3 Liter Wasser
5 Murmeltiere
14 Wildpferde
6 Adler
4 Schneefelder
827 Höhenmeter
2878 Meter - Pic de Tristaina
15 Uhr Rückkehr

Schätzelein, isch hab Rücken, Knie, Kopf, Nacken, Hüfte, Füße, Beine und Zehen.

Wie sehr hat es sich gelohnt? JA!

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11

17.7.2025

Wolle mer se rauslassen?

Die Nacht verbrachte man auf einem kleinen, ein bisschen in die Jahre gekommenen Campingplatz mitten in dem Örtchen Canillo. Umgeben von Grün versöhnte uns der Càmping Santa Creu angesichts der unglaublichen Baulast Andorras. Dem wir heute auch schon wieder 'Au revoir' zuwinken konnten. Hoffentlich. Denn just ein paar Tage zuvor hatte Monsieur entdeckt, dass die Reisepässe der Minimenschen doch tatsächlich am 11.6. abgelaufen waren. Upsi und drei Mal heiliger Bimbam! Madames Herzrasen kurz vor der Grenze sollte glücklicherweise umsonst gewesen sein - die Truppe sah wohl nicht wie typische Schmuggler aus und die Beamten ließen das Mobil ohne Kontrolle passieren. Ahhhhh, de retour en France. Formidable! Tschau Roaming-Gebühren, hello again mobileigenes WLAN! Zeit, neben der Körper- auch mal wieder Blogpflege zu betreiben. Was auch 2025 kein leichtes Unterfangen ist...denn hier in La Belle France vergehen die Tage wie im Flug und hastdusienichtgesehen ist ein Jahrzehnt vergangen. Nicht ganz wie im Flug verging die heutige Fahrt. Wiederholte Reiseübelkeit des Minimonsieurs erforderte eine kleine Zwangspause. Unten im Tal angekommen herrschten Temperaturen wie in der Sahara...an diesen Schwankungen zwischen Berg und Tal muss man sich ersteinmal gewöhnen. Vor allem, wenn auf 38 Grad innerhalb von Minuten 10 Grad folgen! Der alte Kreislauf Madames läuft da hinterher wie ein Faultier beim 100m Sprint gegen Usain Bolt. Hatte man sich allerdings an die konstante Kälte in der Grotte de Lombrives gewöhnt, kam man aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus! Die insgesamt 8km lange Grotte ist wirklich atemberaubend schön! Monsieur und Madame konnten in den letzten Jahren nun schon unter einigen Grotten Häkchen setzen und wussten daher erst gar nicht, ob man der Lombrives überhaupt einen Besuch abstatten sollte, aber - es hatte sich sowas von gelohnt! Mit einer kleinen Bahn schraubte man sich für zusätzliche 2€ pro Person den steilen Wanderweg zum Grotteneingang hoch. Ein Glücksgriff - bei den Temperaturen wäre Madame zu Fuß wohl schon auf halbem Weg vertrocknet wie ein Vampir im Tageslicht. Die 2-stündige Führung fand malheureusement nur auf Französisch statt. Und die sehr engagierte Höhlenführerin sprach so schnell, dass Madame davon in etwa so viel verstand wie ein Meerschweinchen von Molekularbiologie. Aber das tat dem Ganzen keinen Abbruch, denn die wunderschönen, wirklich ganz außergewöhnlichen Formationen aus Stalaktiten, Stalakmiten und Stalaknaten sprachen für sich - zu bestaunen unter anderem ein riesiges Mammut, ein Brokkoli (was auch sonst?!) sowie eine riesige Kakaofrucht, passend ins rechte Licht gerückt, ließen der Fantasie freien Lauf. Die größte Kammer, auch Kathedrale genannt, hat eine Höhe von sage und schreibe 80m, so dass man in ihr sogar die Kathedrale von Notre Dame unterstellen könnte. Aufgrund der ganz besonderen Akustik finden dort regelmäßig auch Konzerte statt. Neben den wunderschönen Formationen können die Besucher noch ganz anderes entdecken - Hunderte von Signaturen und Zeichnungen aus den letzten Jahrhunderten. Ein wenig schmunzeln mussten Monsieur und Madame vor allem über das nicht vorhandene Merchandising, sahen sie sich doch 2022 in Sloweniens Postojna Höhlen einer Flut an Souvenirs, Werbung und sonstigen einnahmenwirksamen Dingen konfrontiert. Hier war alles noch so schön persönlich, klein und überschaubar. Und das machte diesen Ausflug zu etwas Besonderem. Ganz besonders intensiv war dann leider wieder der Tempraturanstieg nach dem Verlassen der Höhle. Diesmal mussten die gut 1km bis zur Straße zu Fuß zurückgelegt werden. Madame ließ sich einfach rollen und war als Erste am Mobil. Um den aufkommenden Hitzewallungen entgegenzuwirken, kam nur eines infrage - ab zur nächsten Aldifiliale und rein in die Kühltheken! Während sich Madame die TK-Erbsen in den Nacken hielt und sich die Schläfen mit gefrorenen Fischstäbchen kühlte, träumte sie insgeheim von einem Schlafgemach zwischen TK-Pizza und Cornetto-Eiskartons (aber nur die mit Nuss!). Eis sollte es morgen auch zuhauf geben - aber das ist eine andere Geschichte!

12

18.7.2025

Steinzeit Junior

Madame freut sich wirklich immer sehr über reges Feedback zu diesem Reiseblog. Jüngst informierte ein guter Freund Madames darüber, dass das Lied 'Sur le pont d'Avignon' auch im gleichnamigen Ort selbst spielt und nicht im Nahe gelegenen Städtchen Gare mit dessen Pont. Oh weh, da hätte Madame am Pont du Gare wohl nicht so laut 'Sur le pont d'Avignon ' grölen sollen. Heiliger Bimbam! Dieser Fehler (Madame könnte an dieser Stelle natürlich behaupten, sie hätte das alles eingefädelt, um die geneigte Leserschaft zu testen, aber ihre Ehre verbietet das selbstredend!) wurde bisher nur von ihm bemerkt - an dieser Stelle deshalb ein dreifaches Hurra und Tatatataaaaa! Glückwünsch, mein Lieber - du hast soeben einen defekten Eierkocher aus den 70er Jahren gewonnen! Den muss Madame nur noch im Keller ihrer Eltern suchen und ihn sogleich nach dem Urlaub feierlich und höchst offiziell übergeben. Natürlich spielt dabei die Blaskapelle 1879 Brotterode-Trusetal standesgemäß 'Sur le pont d'Avignon'. Versprochen! Viel versprachen sich Monsieur und Madame auch vom Besuch des Parc de la praehistorique in Tarascon-sur-Ariège. Dort hatte man zuvor die Nacht auf einem gar nicht mal so geraden Parkplatz verbracht und stürmte dann schon 30 Minuten nach Parköffnung die Tore in die Steinzeit. Der Park verfügte neben einem Museum, dem obligatorischen Restaurant und Souvenirshop über ein weit ausgedehntes Außengelände, über das ein Rundweg zu verschiedenen Themenstationen führte. Neben Tierspur-Rätseln konnte man sich am Speerwurf versuchen und Gummisteinböcke, Gummibisons und Gummibären (die ohne Gelatine) erlegen. In einer angelegten kleinen Höhle durften alle Montagsmaler spielen und Motive aus der Steinzeit selbst an die Höhlenwand pinseln. Grundsätzlich war das ein schön angelegter Park mit vielen Stationen zum Mitmachen und Entdecken, aber vor allem Madame interessiert sich, zugegeben, für die Steinzeit in etwa so sehr wie ein Clownfisch für Zahnimplantate. Für die Steinzeit-Junioren dennoch ein gelungener Ausflug. Sehr gelungen war auch der nächste Übernachtungsplatz am Etang de Lers, einem kleinen Bergsee kurz unterhalb des Col d'Agnes auf 1570m. Im Restaurant oberhalb des Sees wurde standesgemäß Orangina und Eau Minérale sowie ein regionaler fromage mit sündhaft süßer Fertigmarmelade gereicht. Die eng geschwungene Passstraße hoch zum Col war ein einziges Graffiti - alle paar Meter verzierten, leider auf dem Kopf stehend, Spruchbanner den Straßenbelag. Das sah doch ganz nach steinzeitlichen Überresten der Tour de France aus. Und tatsächlich - erst 2024 war der Col d'Agnes bei der 15.Etappe der großen Frankreichrundfahrt vertreten. Zum Glück warten die eigenen Drahtesel in der häuslichen Garage, sonst wäre Monsieur wohl noch auf die Idee gekommen, die steilen Pässe per Vélo zurückzulegen und Madame das Steuer zu überlassen. Himmel!

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19.7.2025

Blütezeit

So ruhig es am Etang de Lers war, so summend brummend ging es im Mobil zu. Heimtückisch und hinterlistig flogen sie milimeterbreit an den Köpfen der Insassen vorbei, sausten in Ohren, krabbelten auf Beinen, Köpfen und machten selbst vor Nasenlöchern keinen Halt - Fliegen. Diese vermaledeiten Scheißerchen machten einem zuweilen das Leben etwas schwer und obwohl Madame seit mehr als einem Jahrzehnt fleischlos glücklich is(s)t, kann sie manchmal auch gegenüber tierischen Mitbewohnern erbarmungslos sein. Madames Winzigkeit von Größe ist dabei nur Tarnung - so. Jetzt ist es raus! Den Drölfzillionen Fliegen war der Kampf angesagt. In Ermangelung einer Fliegenklatsche musste die gute alte, bereits leicht faltige Hand herhalten (passend zur gestrigen Reise in die Steinzeit). Monsieur war mit seinen pfannkuchengroßen Prachthänden natürlich unangefochtener Fliegenvernichtungskönig aka Herr der Fliegen, aber auch Madame steigerte sich - so zählte man am Schluss um die 60 (in Worten sechzig!) geflügelte Quälgeister. Aber das mal nur so am Rande. Mal nur so am Rande lief Monsieur gestern Abend noch schnell eine kleine Joggingrunde vor dem Abendessen...7,5km und zehnzillionen Höhenmeter in 50min. So langsam bekommt Madame Angst vor diesem Kerl. Absolut keine Angst hat sie ja vor Gewitter und das ist in den Bergen im Mobil noch mal eine ganz andere Sache! Regen prasselt in einer Dezibelstärke aufs Dach, dass selbst eine Kindergartengruppe nach einer Überdosis Zucker lärmtechnisch eindeutig den Kürzeren ziehen würde. Und der Donner ist kein Donner, sondern ein Donnergrollen, das sich viele viele Sekunden durch die Berge zieht. Schaurig-schön. Schaurig schön und fast morbide wirkte auch der Zielort des heutigen Tages - Aulus-les-Bains. Einst ein florierendes Kurörtchen mit Grand Hotel, Casino und großer Parkanlage mit Musikpavillon, heute ein gerade mal 155 Einwohner starkes Bergdörfchen mit unzähligen Relikten aus der Vergangenheit. Das ehemalige Grand Hotel beherbergt heute Gäste in kleinen Ferienwohnungen. Einige wunderschöne, aber unbewohnte Häuser mit kleinen Türmchen, aufwendiger Fassadengestaltung und kunstvollen Balkongeländern lassen den Glanz vergangener Zeit erahnen. Geblieben aus der damaligen Blützeit ist außerdem das kleine Thermalbad 'Résidence des 3 Césars', 3 kleine Epicerien, 2 Bistros und ein Campingplatz, auf dem sich mehr Urlauber tummeln als Einwohner im Dorf. Da ist die Landflucht ganz deutlich zu spüren. Aulus-les-Bains versprüht einen ganz besonderen Charme - der Zahn der Zeit nagt an vielen Ecken und doch fühlt man stets die goldene Vergangenheit und wie prachtvoll es hier einst gewesen sein muss. Schaurig schön zugleich...

14

20.7.2025

Cascade d'Ars

Im Jahre 725 war Angélique ihrem Liebsten Cyprien versprochen. Kurz vor ihrer Vermählung im bevorstehenden Sommer überfielen und plünderten Sarazenen die Couserons-Region, standen alsbald am Fuße des Ars-Wasserfalls. Frauen und Kinder aus dem Ort Aulus-les-Bains flohen in den nahegelegenen Wald, um dort das Ende der Kämpfe abzuwarten. Auch Cyprien zog in die Schlacht und versprach seiner Angélique bald zurückzukehren. Doch sie wartete vergeblich am Fuße des Wasserfalls, teilte man ihr doch wenig später mit, dass Cyprien im Kampf gefallen sei. Angélique kehrte in ihr Haus zurück, legte Brautkleid und Schleier an und machte sich erneut auf den Weg zum Wasserfall, an dessen Fuße ihr Verlobter gefallen war. Oben angekommen zeichnete sich ihre zerbrechliche Silhouette vor dem hellen Licht des Vollmondes ab und mit einem letzten Schmerzensschrei stürzte sie sich den Wasserfall hinunter. Man sagt, ihr weißer Schleier sei vom Wind fortgetragen worden und habe sich auf den Felsen niedergelassen. Fortan war ein zweiter Wasserfall, genannt der Schleier der Braut, gleich rechts neben dem Hauptwasserfall entstanden. Abends im Vollmondlicht kann man mit etwas Glück noch immer ein Mädchen im weißen Kleid entdecken, Angéliques Geist, der bis heute am Wasserfall wacht.
So zumindest erzählt die Legende von der Entstehung des zweiten Wasserfalls unterhalb des Ars. Der Wanderweg Cascade d'Ars ist wohl einer der Hauptgründe, warum Aulus-les-Bains überhaupt noch Touristen begrüßen kann, denn dieser Wasserfall gehört zu einem der schönsten hier in der Ariège-Region. An diesem Mittag hatte man tatsächlich das Gefühl, in einem Outletcenter an einem verkaufsoffenen Sonntag unterwegs zu sein als in einem verlassenen Bergdörfchen! Viele für diese 12km lange Tour sehr unpassend gekleidete Wanderer kreuzten den Weg der Mannschaft, einige schienen den anspruchsvollen Weg mit über 500 Höhenmetern und wieder einmal sehr steinigem Gelände unterschätzt zu haben. Wir hatten lediglich den Hunger der Meute unterschätzt - schwuppdiwupp war ein 500g Laib Brot weg. Einfach so. Eben inhaliert. Inhaliert hat Madame dann auch diesen wahnsinnig schönen Wasserfall, der seinem Ruf absolut gerecht wurde! Tatsächlich wie ein weißer Brautschleier legt sich das Wasser auf die Felsen und verschmilzt nahezu mit den Steinen darunter. Atemberaubend. Atemberaubend auch die körperliche Belastung, die Madame während und auch nach der Tour empfand. Die Trainingsuhr meinte - 51 Stunden Erholung nötig. Na toll. Und die Tick Tack von Monsieur gab nur zu verstehen, dass er noch nicht einmal in den Trainingssbereich hineingekommen war. Die Wanderung diente ihm lediglich zur Erholung. Tssss...Madames Uhr ist bestimmt defekt!

 

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