
Sanna, Peter, Oskar & Ida
Heidweiler
Winter 2022
Italien & Balkan
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5.2.2022
Il conto per favor
Ihre Rechnung
1x Duschen
1x Frühstück von Marcella (der guten Seele des Il Gabbiano) mit extra Butter und Brot
1x Rallye Dakar mit Gianluca zum Hafen
1x 3 stündige Überfahrt nach Milazzo (ohne zusätzlichen Seegang-Aufschlag)
1x Fußweg zum Stellplatz
1x Einkauf bei Eurospar
1x Abendessen aus der Miniküche
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Ein herrlich unaufgeregter Tag


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6.2.2022
Ciao Sicilia
Sonntag 11h30. Immerhin ist einer der beiden Minimenschen bereits angezogen. Respekt! Wir fröhnen der sonntäglichen Langsamkeit. Vielleicht ist es aber auch nur der Wehmut, der uns alle in Slow motion versetzt hat. Denn heute heißt es Abschied nehmen von diesem wunderschönen Eiland. Wir werden Sizilien vermissen...außer den Müll. Umso mehr dieses fantastische köstliche Ich-könnte-noch-mehr-davon-verdrücken-obwohl-ich-dann-platze-Essen! Madame stattete deshalb der kleinen Pasticceria um die Ecke einen letzten Besuch ab und erstand für ein paar lächerliche Euros 2 Pane und 10 Tonnen sizilianisches Feingebäck. Eines süßer und fettiger als das andere. Leider gibt es kein Foto dieser kleinen Kunstwerke - zu schnell verputzt (Hallo?! Der Speckbauch benötigt auch weiterhin gute Pflege. Minimonsieurs Worte klingen Madame immer noch in den Ohren!). Auf der kurzen Überfahrt aufs calabrische Festland noch schnell con Marmelata gefüllte Croissants (für nur 75 cent!) und diese unfassbar leckeren, weil frittierten Arancini inhaliert. Der Wanst aller Beteiligten dermaßen voll und zum Bersten gespannt, dass nur eines möglich war, um das Platzen zu verhindern - sitzen und ruhig bleiben. Hat geklappt für über 1,5 Stunden. Irgendwo mitten in der italienischen Stiefelspitze haben wir in einer Sackgasse das Nachtlager aufgeschlagen. Und wohin es morgen geht, ist eine andere Geschichte.


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7.2.2022
Hau den Lukas
Hau den Lukas! Von 0 auf 3. Nee, keine Kilogramm. Fahrtstunden! Der heutige Weg hatte es in sich. Aus der ruhigen Sackgasse in Rogliano raus auf die belebten Straßen nach Biaritz...Risi Bisi...Biasini...ahhh....Brindisi. Ganz im Osten des italienischen Festlandes. Damit sich keine weiteren unnötigen Fahrtstunden dazuschlichen, genoss man ausschließlich den Charme der italienischen Autobahnen, die auch hier ungefähr so viel Flair haben wie die Büros in
Finanzämtern. Außer, dass dort deutlich weniger Müll zwischen den Akten zu finden ist. Madame hat wirklich schon Schöneres gesehen - wie diesen leckeren Norweger damals in der Stabkirche in Heddal...wir erinnern uns. Sie sich auch. Hach war der schööön. Dank mehrstündiger Pause an dem zauberhaften Castello Federiciano und dem steinreichen Strand (die Strandgut-Überladung nimmt langsam ernstzunehmende Ausmaße an - Monsieur und Madame spielen nun ab sofort Märchenstunde und lassen hin und wieder unentdeckt ein paar Steinchen aus dem Mobil purzeln...) gelang den Minimenschen das schier Unglaubliche - gute 3 Stunden Fahrt, kein Gemecker, kein Streit, kein Geschrei, kein Weinen, kein Irgendwas. Danke, ihr lieben Minis! Madame wird sich daran erinnern, wenn die nächste Kämpfe in vollem Gange sind. In vollem Gange war auch das Wetter. Regen und Sturm. Hau den Lukas. Von 0 auf 1000. Windstärke. Unfallfreie (jahaaa, Monsieur fuhr! Meine Güte!) Ankunft in Brindisi am zauberhaften kommunalen Parkplatz mit nächtlicher Fluchtlichtbeleuchtung in Orange. Let's Party!
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P.S. Wir haben gerade sehr schlechten Internet-Empfang und melden uns sobald es wieder geht...

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8.2.2022
Geldwäsche
Und da ist sie wieder...die Schreibblockade. Madame kramt in den hintersten Windungen ihres Oberstübchens auf der Suche nach brauchbaren Wortschätzchen, aber da ist nichts. Rein gar nichts. Alles wie leergefegt. Leergefegt war auch Brindisi an diesem Tag. Der Wind hatte sich zu einem ausgeprägten Sturm entwickelt und legte unsere für den Mittag geplante Fähre lahm. Abfahrt am nächsten Tag. Vielleicht. Genügend Zeit für Sightseeing. Der etwas anderen Art. Hop on hop off Tour. Im Wohnmobil. Erster Halt - Gashändler. Nachschub gesichert. Mit zweiter Extraflasche für das Unbekannte (Achtung Cliffhanger!). Man weiß ja nie... Zweiter Halt - Supermarkt-Shopping. Zu Fuß mit Minimadame. Und zu großem Hunger. Anfängerfehler. Taschen mit letzter Kraft zum Wohnmobil geschleppt (da Supermarkt-Parkplatz gerammelt voll und obendrein zu klein fürs Mobil). Letzter Halt - Waschsalon. Null capito, wie diese großartigen Maschinchen zu bedienen waren. Monsieur wartete mit eingeschaltetem Warnblicker in drölfzehnter Reihe. Panik! Die nette Salon-Dame kam, verstand un poco anglaise und half. Sie kümmerte sich ohendrein darum, die tropfnasse Wäsche anschließend in den Hochleistungstrockner zu bugsieren. Mille Grazie! Nach 90 min. betrat Madame erneut den Laden und war mittendrin statt nur dabei als Senora die Kleidung aus dem Trockengerät hievte und wenig später schockiert aufschrie. Madame sah kleine Fetzen durch die Luft fliegen und wusste augenblicklich, dass wohl Geldwäsche stattgefunden hatte. Es waren dann aber nur vergessene Fruchtriegelpapiere in Orange und Lila. Bei dieser Bullenhitze im Trockner können wir froh sein, wenn die Kleidung noch passt. Was interessieren uns da ein paar gewaschene Scheinchen!?
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9.2.2022
Königliche Flotte
Wir verließen das Pasta-Paradies in Richtung Osten. Madame trauerte noch am Hafen den Kalorien hinterher, die sie schluchzend am Kai zurücklassen musste. Die Fähre der Grimaldi Lines legte tatsächlich pünktlich um 13h ab und sollte uns in 9 Stunden nach Igoumenitsa in Nordgriechenland bringen. Die königliche Familie aus Monaco war nicht mit an Bord. Warum auch? So wirklich königlich sah das Schiffchen nämlich nicht aus. Vor allem auf dem Zimmer. Neeee, nicht das Stockbett-Ambiente - sondern die Beigaben in Form von Fingernägeln auf dem eigentlich frisch bezogenen Bett, den Haaren in Dusche und WC und dem Großrudel an Wollmäusen. Gefühlt hat man sich unter 150 Truckern aus dem Balkan wie Paradiesvögel. Irgendwie fremd. Und abenteuerlich. Ein Abenteuer auch das gebuchte Abendessen. Das Restaurant schon 30 Minuten vor der Buffet-Eröffnung proppevoll. Monsieur ergatterte den letzten kleinen Tisch. Als hätten sie sich im Geheimem (und obendrein lautlos!) abgesprochen, erhoben sich Punkt 18h54 sämtliche Trucker und erstürmten kurze Zeit später Pommes, Gyros und Co. Wir wurden auch noch satt. Und vertrieben uns im Speisesaal die letzten knapp 3 Stunden (wir mussten die Kabine bereits räumen...) malend unter lachenden, lauten, wild gestikulierenden und rauchenden Herren. Und - Masken in Innenräumen werden völlig überbewertet. Zumindest hier. Das letzte Abenteuer an diesem Tag - das Ausparken aus diesem Schiffsbauch. So eng wie Madames Laufkleidung. Da mussten sogar Crew-Fahrzeuge weichen, damit das Mobil den Weg nach draußen fand.
καλως ηρθες στην ΕΛΛΑΔΑ.
Is klar, oder?






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10.2.2022
Mire se erdhe ne shqiperi
Der nächtliche leere Parkplatz an Igoumenitsas Hafen hatte sich am Morgen zu einem Ameisenhaufen entwickelt. Sekunden nach unserer Abfahrt hechteten bereits die nächsten Fahrzeuge auf die zwei frei gewordenen Plätze. Platz in unserem Reiseherz hatte diesmal nicht Griechenland, sondern ein ganz anderes Fleckchen - Albanien! Bis zur Grenze waren es noch nicht einmal 30 Minuten. Und schon die Einreise offenbarte eine völlig andere Welt - da brachte der Grenzpolizist das schlohweiße Mütterchen mit hunderten Tüten erst einmal sicher über die Straße, um sich anschließend im Grenzhäuschen unserer Pässe zu widmen. Greenpass wollte er nicht sehen - genauso wenig wie eine Maske (die Inzidenz liegt hier bei 200 und keiner trägt die Dinger). Kurz vor dem ersten Ziel, dem Butrint Nationalpark, das erste Highlight - eine Fährfahrt. Yeah. Mal ganz was Neues! In der Tat...denn wir setzten auf einer mit Holzbohlen belegten Zugfähre für maximal 2 Autos über. Mit 10€ für knapp 50 Meter kein wirkliches Schnäppchen. Trotzdem unbezahlbar. Die UNESCO-Weltkulturstätte im Nationalpark ebenfalls äußerst sehenswert und wunderschön. So wie bisher alles in diesem unbekannten Land. In heimatlichen Gefilden war die erste Reaktion auf dieses geplante Reiseziel meist - oh. Albanien. Aha. Na hoffentlich sehen wir uns dann auch wirklich wieder... All die, die bereits schon dort waren, schwärmten in den höchsten Tönen von diesem Land. Höchste Zeit, einmal mehr über den Tellerrand zu schauen und sich hinsichtlich Vorurteilen vom Gegenteil überzeugen zu lassen! Überzeugt hatte auch das fantastische Nachtlager in Sichtweite eines kleinen Castells hoch oben - nach Osten der Blick auf die albanischen Bergketten, nach Westen auf Korfu. So kann es weitergehen...









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11.2.2022
Blauauge
Wir haben ihn verpasst. Um genau 5 Tage! Der erneute Ausbruch des Ätnas fand ohne uns statt...macht nichts. Albanien ist mindestens genauso spektakulär - auch ohne Vulkanausbruch. Heute hieß es blau machen. Das wunderschöne Blue Eye, albanisch Syri i Kaltër, war das erste Ziel des heutigen Tages. In der wasserreichsten Quelle des Landes schießt das Wasser mit enormem Druck aus einem bisher unbekannt tiefen Quelltopf. Vor dem Hintergrund des umliegenden Kalksteins glitzert das kristallklare Wasser im Sonnenlicht unfassbar schön in sattem Dunkelblau, Grün und Türkis. Ein traumhaft schöner Platz, dessen Besuch im Sommer nicht nur bezahlt werden muss, sondern geradezu überrannt wird. Heute hatten wir lediglich die Gesellschaft ein paar amüsanter Briten, die sich ins exakt 12,75 Grad kalte Wasser aufmachten, um unter ständigen Ahhhs und Uhhhs Videos ihrer Schwimmversuche drehten...blöd, wenn die Kamera versagte und sich die Jungs für den zweiten Take noch mal ins eiskalte Nass wagen mussten. Wir hatten Spaß! Und erfreuten uns auch hierzulande über lustige Wortschöpfungen - bei der Tankstelle "Kastrati" ist der Name hoffentlich nicht Programm und die Anakonda Security hat alles im Würgegriff. Albanisch ist übrigens eine wunderschöne Sprache - sie klingt so als wäre sie geradewegs dem Herrn der Ringe entsprungen. Das Balkan-Elbisch ist trotz nahezu rein phonetischer Aussprache und Schreibweise dermaßen schwer zu artikulieren (geschweige denn abzuleiten!), dass sich Monsieur und Madame bereits bei Einzelwörtern regelmäßig die Zungen verknoten. Entgegen aller Befürchtungen gibt es für Madame tatsächlich eine Auswahl an vegetarischen Speisen - auf dem heutigen familiengeführten Campingplatz in Gjirokaster (mit Blick auf die schneegezuckerten Bergspitzen) wurden wir sehr sehr herzlich empfangen und im angeschlossenen Restaurant beköstigt. Als einzige Camper. Das Essen war gut, aber zu deutlich touristischen Preisen. An der handgeschriebenen Rechnung sprang einem einmal mehr die gewohnte phonetische Schreibweise ins Auge, auch im Englischen. Monsieur trank ein "glas weit wayn" und aß das "pork mit". Logisch, oder?

