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Sommer/Herbst 2021

Skandinavien

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13.9.2021

Auf arktischen Wegen 1.0

Hieß es gestern noch ab in den Süden, bewegten wir uns heute auf arktischen Wegen...tatsächlich.
Denn direkt die Heimreise anzutreten, das wäre in etwa so, als würde man sofort nach der Trauung von der Hochzeit verschwinden. Der östliche Norden Norwegens muss auch noch ein bisschen gefeiert werden.
Deshalb fuhren wir nach dem Erreichen des Nordkaps weiter nach Osten in Richtung Russland.
In Lakselv (eine Siedlung mit nur ca. 2000 Einwohnern, dafür aber einem Flughafen) machten wir zunächst den größten Supermarkt unsicher bevor es auf die arktische Route ging. Ein Katastrophenszenario, wenn plötzlich in der Einöde das Klopapier ausgehen würde!
Denn auf 120 km kein einziger Campingplatz, Stellplatz oder gar Rastplatz. Nur eine einzige Straße. Willkommen in der arktischen Wildnis!
Hier herrschte so wenig Gegenverkehr, dass Monsieur und Madame zuhause eine Verkehrs-Desensibilisierung in Anspruch nehmen müssen, um die Landauer Rush Hour ohne Panikattacken zu bewältigen.
Auf der besagten einzigen Straße (die tatsächlich arktische Route genannt wird) fuhr es sich wie durch die Weiten Kanadas zur schönsten Indian Summertime. And the living is easy. Bei dem Verkehr auf jeden Fall. Und diese Farben - als hätte Bob Ross höchstpersönlich seine herbstlichste aller Farbpaletten aus dem Köfferchen gezogen und ein kleines Feuerwerk aus Honiggelb, Kürbisorange, Rostrot und Haselnussbraun auf die Leinwand gezaubert. Schöner ist nur die Wirklichkeit!
Die Landschaft selbst noch karger als am Nordkap - zumeist felsiges Gelände, mit wenig Erdfläche darüber. Immer sehr klar zu erkennen - die strikte Baumgrenze. Hier und da vereinzelt noch ein paar Birken (ach nee!?), ansonsten ausschließlich niedrige Bodengewächse wie Moose, Flechten, Gräser und die allseits beliebten Blaubeeren (allerdings schon komplett verputzt von den unzähligen Rentierherden). Die Berge selbst deutlich niedriger als in Südnorwegen, fast hügelig, aber unheimlich weitläufig und sehr imposant in ihrem Zusammenspiel. Insbesondere mit dem wirklich wunderschönen Silfar Canyon, der sich als tiefe Schlucht seinen Weg durch die Felsen bahnte. So sehr er den Betrachter bereits von der Passhöhe aus in seinen Bann zog, so intensiv war auch das Erleben im Canyon selbst. Das Wasser des in ihm verlaufenden Flusses so kristallklar, dass man mehrere Meter bis auf den Grund sehen konnte.
Nach dem Spaziergang in den Silfar Canyon gleiteten wir auf der arktischen Straße nahezu dahin. Und wurden zusehends gechillter. Das lag vor allem an der Straßenlage - parallel zu den Hügeln ging es in einem regelmäßigen Rhythmus auf und ab. Auf und ab. Ein und aus. Ein und aus. Jede Hebamme hätte angesichts dieses perfekten Atemrhythmus' die O-Saft-Korken knallen lassen.
Angekommen sind wir dann in Ifjord am Ifjord. Und fühlten uns wie in einem dieser amerikanischen Highway-Movies im absoluten Nirgendwo. Ganz so abgelegen war es hier dann aber doch nicht - gab es doch immerhin 29 Einwohner. Und einen einsamen Campingplatz mit angeschlossener Tankstelle samt Café. Das auch noch richtig hyggelig war - mit Ofen, gestapeltem Feuerholz und jeder Menge Deko an den Wänden. Und wir wurden noch nie so unerwartet so herzlich empfangen wie hier. Der Koch (sah aus wie aus der Schiffskombüse entsprungen) und die Servicekraft (er hätte als glatzköpfiger Bruder Mr.Olivanders aus Harry Potter durchgehen können) taten wirklich alles, um unsere kulinarischen Wünsche zu erfüllen (ob mit oder ohne Zauberstab) - kredenzten Beefsteak, Schnitzel und Omelett mit einer Badewanne voll Pommes. Danach gab's Eis, Schokodrops and coffee for free. Einfach so. Ohne Hintergedanken oder Profitgier. Aber mit einem breiten echten Lächeln.
For free gab es am selben Abend auch noch eine LKW-Ladung Preiselbeeren (gesammelt neben dem Wohnmobil auf dem Campingplatz) und eine spontane Baggerfahrt auf selbigem Gelände. Der krönende Abschluss eines wunderbaren Tages, der uns vor allem in menschlicher Hinsicht in Erinnerung bleiben wird.

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14.9.2021

Auf arktischen Wegen 2.0

Fortsetzungen kommen ja meist nicht an das Original heran. Das können wir von der arktischen Route aber auch im zweiten Teil nicht behaupten. Denn heute gab es noch mal großes Kino - gezeigt wurde auf der Hochgebirgsstraße (auf gerade einmal 300 Höhenmetern) der Streifen "the norwegian way of Baustelle". Ein Actionfilm erster Güte - die Protagonisten befuhren eine abenteuerliche Baustellen-Buckelpiste bei erlaubtem Tempo 50 (angemessen wäre wohl eher Schritttempo gewesen). Für eine Baustelle die Straße wenigstens nur einspurig sperren? Vielleicht mit Ampelschaltung? Nicht doch. Sowas klappt in Norwegen auch so. Da suchen sich alle Verkehrsteilnehmer einfach mal direkt neben Bagger, Radlader, Grader, Planierraupe und Gegenverkehr ihren Weg durch Erde und Splitt, über dessen Brockengröße sich Felsenbeißer aus der unendlichen Geschichte eine richtig gute Mittagsmahlzeit gezaubert hätte. Glück, wer da nach 15 km Baustelle noch intakte Reifen hatte! Live-Kino schlechthin. Fehlte nur noch Popcorn.

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15.9.2021

Auf arktischen Wegen 3.0

Der dritte Teil der arktischen Route war an Action und Spannung kaum zu überbieten! Als hätten Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, Harrison Ford, Bruce Willis und Mel Gibson gemeinsam das Drehbuch geschrieben.
Alfred Hitchcock war vielleicht auch mit dabei - denn zunächst herrschte trügerische Idylle. Nichtsahnende Wohnmobolisten schliefen am Varangerbotn aus, frühstückten in aller Seelenruhe und ahnten nichts von den Schweißperlen, die wenig später auf ihren Stirnen glänzen sollten...
Dr. Evil war heute ein viel zu steiler und unbefestigter Weg vom Nachtlager zurück zur Straße.
Nach den ersten erfolglosen Versuchen diesen schmalen Pfad zu erklimmen, mussten schwerere Geschütze aufgefahren werden. Soll heißen - Wohnmobil ausräumen, um Gewicht zu reduzieren (Madame war schon draußen - hatte nichts genutzt!). Nach besagter Aktion standen Kindersitze, Wasserkanister, 2 volle Gasflaschen, sämtliches Spielzeug, der gesamte Inhalt der Heckgarage sowie 4 Drahtesel mitten in der Pampa und fristeten fortan zwischen Kieselsteinen und Muscheln ihr Dasein.
Als auch das nicht zum gewünschten Erfolg führte, sah Mann sich gezwungen Hilfe zu holen. Glücklicherweise wurde in einer Gegend campiert, in der wenigstens 2 Häuser fußläufig erreichbar waren.
Monsieur spurtete los und störte zwei nette norwegische Schwestern (eine davon aus Oslo zu Besuch) beim Vormittagspläuschchen. Trotz ihres Schocks über den am Küchenfenster klopfenden bärtigen deutschen Riesen halfen sie. Sofort. Und organisierten mirnichtsdirnichts telefonisch Hilfe aus der Nachbarschaft. Keine 5 Minuten nachdem Monsieur wieder am Ort des Nicht-Geschehens eintraf, erschien der Bruder der netten Damen, der leider kein Englisch sprach, dafür aber einen imposanten Pick-Up fuhr. Herr Mathisen kam, sah und zog. Das Wohnmobil mit ordentlich PS und Allrad-Antrieb auf die Straße zurück.
Und da sie gerade nichts zu tun hatten, halfen uns diese wunderbaren Frauen, allen ausgeräumten Balast in Null Komma Nix hoch zur Straße zu tragen. Erst danach meinten sie, dass sie nur 5 Minuten nach Monsieurs Klopfen zur Preiselbeersuche hatten aufbrechen wollen. Und zu guter Letzt bedankten sich unsere Engel auch noch bei uns - denn gestern hätten sie so gar nichts erlebt. Glück muss man haben. Vor allem wir!
Noch etwas paralysiert fuhren Monsieur und Madame samt Minimenschen mit fast eineinhalbstündiger Verspätung  in einer guten Stunde in die Grenzstadt Kirkenes.
Und obwohl die Landschaft und der Kurztrip direkt bis zur russischen Grenze Highlights hätten gewesen sein müssen, waren die wirklichen Stars unseres heutigen Tages ganz andere - Gerda, Magnar und Ingrid. Tusen Takk!

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16.9.2021

Farvel Norge, Tervetuloa Suomeen

Unser gestriges Nachtlager musste nur eine einzige Qualifikation aufweisen - flach sollte es sein. So flach wie ein richtig schlechter Witz.
Denn Madame benötigte nach Arnies "Aaaaaaction-Schrei" am gestrigen Tag zur vollständigen Wiederherstellung ihrer Herzfunktion ein cineastisches Schnulzen-Kontrastprogramm, so wie die Schwarzwaldklinik. Oder Notting Hill. Oder am besten Hugh Grant als Dr. Brinkmann.
Der hätte ihr dann im weißen Kittel gleich mal die Tränchen aus den Augen wischen können, denn heute hieß es Abschied nehmen - Auf Wiedersehen, Norwegen. Willkommen in Finnland!
Von Kirkenes aus war es nämlich nur noch ein 30-minütiger Katzensprung ins Nachbarland.
Man hielt Reisepässe und Impfnachweise bereit, denn immerhin passierte man nicht einfach nur eine Grenze, sondern wechselte trotz Schengenraums von einem Nicht-EU-Land in eines mit Zugehörigkeit.
Jo. Und dann interessierte es nicht die Bohne, ob da ein Landauer Wohnmobil nach Finnland einfuhr. Einreisekontrolle - Fehlanzeige. Es gab noch nicht mal ein Grenzhäuschen. Dass wir uns geografisch doch nicht geirrt hatten, merkten wir nur an der automatischen Uhrzeitanpassung unserer Handys. In Finnland ticken die Uhren nämlich anders - exakt eine Stunde vor der MEZ.
Finnland begrüßte uns mit...tatataaaaa! Nadelwald so weit das Auge reichte (alle Birkenpollen-Allergiker zücken gerade die finnischen Reisekataloge). Die Fichten und Kiefern bekamen allerdings Gesellschaft - von Birken (die Reisekataloge finden als Geschenkpapier Verwendung...).
Finnland ist zu Recht das Land der 1000 Seen - auf der kurzen Strecke, die wir heute fuhren,  sahen wir so viele Gewässer wie Päckchen in einem Amazon-Verteilerzentrum.
Einer schöner als der andere. Den schönsten wählten wir als Platz für die erste Nacht in Finnland aus. Und Madame verlor sich abermals in der Preiselbeerjagd - diese kleinen runden Rubine sprangen ihr regelrecht in den Messbecher hinein. Es ist ja nicht so, dass im Boelckestraßen-Keller bereits zehnzillionen volle Marmeladengläser stünden, die auf ihren endlichen Verzehr warteten. Aber - Madame. Haben. Will. Alle. Trotzdem.
An diesem Abend fröhnte man dem wilden Camper-Leben - ganz klassisch mit Feuer, Marshmallows, Stockbrot und Folienkartoffeln.
In diesem Sinne - Nauti ateriastasi!

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ODE AN DIE PREISELBEERE

Oh du wundervolle Preiselbeere, die du da wächst in den weiten Wäldern Skandinaviens.
So rund, prall und üppig verteilt wie Rubens Musen.
Leuchtend rot wie die Sonne am Abend strahlst du zwischen Blaubeeren, Moosen und Flechten hervor und erhellst das Antlitz eines jeden Sammlers.
Dein süßlich-herber Geschmack verleihet jedem noch so fahlen Essen das gewisse Etwas.
Gelobpreiselbeerst seist du, oh anmutige Beere.
Auf das sich die Einmachgläser im Keller mit den kostbaren Rubinen füllen

und niemals zur Neige gehen mögen.

Hallelujah!

​

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17.9.2021

Allein unter Finnen

Nach der ersten finnischen Nacht an diesem zuckersüßen See (entzückender sind nur die kitschigen Einhorn-Marshmallows aus den norwegischen Supermärkten) flogen wir förmlich das 1 Stündchen an den Inari See, dem drittgrößten des Landes. Gefahren werden darf auch hierzulande außerhalb von Ortschaften nur 80, aber größere Kurven, Serpentinen oder gar Steigungen sucht man glücklicherweise vergebens. Mit einem Verkehrsaufkommen von Minus 50 (auf einer Skala von 1-10) schwebt man auf finnischen Straßen deshalb regelrecht dahin. Daher war man auch pünktlichst am Zielort - Abfahrt um 13h zu einer Tour über den Inari See, vorbei an der heiligen Insel der Samen, der Ukonsaari.
Finnischer Massenandrang am Bootssteg. Kaum zu glauben, denn hier im hohen Norden werden jetzt die Winter-Bürgersteige hochgeklappt. Da schließen Museen, Campingplätze und Attraktionen (unsere Bootstour findet morgen das letzte Mal in diesem Jahr statt. Anders können wir uns den Andrang nicht erklären, denn die Tour war mit 2,5 Stunden gar nicht mal so kurz und nur semispektakulär). Ausländische Touristen sucht man wie die Nadel im Heuhaufen. Allein unter Finnen. Und das ist ebenfalls ganz wunderbar, weil das finnische Völkchen ein richtig nettes und freundliches ist!

So freundlich, dass der Kapitän Monsieur auf halber Strecke als einzigen der gut 50 Passagiere wieder dem Festland übergab, damit der noch eine Wanderung zur Wildniskirche von Pielpajärvi machen konnte.
Fast gefühlt wie in Deutschland haben wir uns dann auf dem heutigen Campingplatz direkt um die Ecke (da Frischwasser-, Toiletten- und Duschalarm) - mit Platzbesitzer auf Elektroroller, fester Platzzuweisung, tausenden Hinweisschildern und die Anordnung, die Kinder sollen auch ja keine Steine in den See werfen. Und ach ja - die Duschen werden ab 22h30 abgeschlossen und ab 23h herrscht Nachtruhe!
Und beinahe hätte Minimadame (wer auch sonst!) die Nachtruhe jäh zerstört, denn noch um 22h30 sinnierte sie fröhlich darüber, was man noch alles am diesjährigen Lebkuchenhaus anbringen könne. Nachdem besagte Minimenschin nun geschlagene 20 min mucksmäuschenstill da lag, wähnte sich Madame bereits (haha) im Feierabend. Bis die Jüngste plötzlich völlig wach meinte: "Was machen wir denn noch drauf? Vielleicht Meerschweinchen." Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

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18.9.2021

Coldfinger

Es roch. Ganz eindeutig. Nach etwas Besonderem. Etwas Glänzendem. Etwas Wertvollem. Vielleicht nach einem funkelnd-glitzernden Regenbogen-Einhorn-Pups...ooohhhh nein. Viel besser. James Bond hätte seine wahre Freude gehabt. Es. roch. nach. Gold.
In Tankavaara sollte unser Traum vom Gold Wirklichkeit werden - in einer ehemaligen Goldgräberstadt, heute umgebaut zu einem gesamten Zentrum von Museum über Café bis hin zu Edelsteinverkaufshops und persönlichem Goldschürfen, war eigentlich alles dabei für das finnische Goldglück.
Tankavaara ist weit über die Landesgrenzen bekannt - wurde hier doch 2019 die Weltmeisterschaft im Goldschürfen ausgetragen. Mit Zuschauertribünen, professionell ausgebautem Goldwasch-Bereich und obendrein gesponsert vom National Geographic. Vom Goldgräberfieber infiziert versuchten auch Monsieur und Madame ihr Glück. Für schlappe 12€ pro Person (jaa, hier zahlt man wieder mit Euro) gab's eine Goldwaschpfanne und wadenlange Gummistiefel dazu. Die Pfannen wurden mit Erde befüllt und los ging die Reise ins Goldland. Denkste! Bei 5 Grad saß man mit diesen ungefütterten, hauchdünnen Stiefelchen permanent im Eiswasser, das so kalt war wie Flüssigstickstoff. Nach wenigen Minuten spürte man die Füße nicht mehr und aus dem glamourösen Goldfinger wurde ein klirrend-kalter Coldfinger. Mit eiskaltem Händchen wurden die letzten Sandreste aus der Pfanne gewaschen und siehe da...es glänzte! Allerdings so klein wie die Kopfschuppen einer Blattlaus. Aber immerhin. Mit einer speziellen Technik (Finger druffdrigge) zogen die goldigen Nanopartikel anschließend in ein mit Wasser gefülltes Röhrchen um. In den 1940er Jahren wurde an selber Stelle ein knapp 190 Gramm großer Goldklumpen entdeckt. Bei unserem Schürferfolg dürfte die Refinanzierung unserer Tour wohl so lange dauern bis Dornröschen schon längst wieder aufgewacht und 3-fache Oma wäre. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann waschen sie noch heute...

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19.9.2021

Knusper knusper Knäuschen

Sonntag ist Waldtag. Zumindest hier in Finnland.
Angekommen am heutigen Nachtlager irgendwo im finnischen Lappland, erkundete man gleich zu Fuß die Gegend. Wie praktisch, wenn eh direkt im Wald campiert wurde.
Wir waren, wie könnte es anders sein, auf Jagd. Auf Preiselbeerjagd (Himmel, neben den 6 vollen Gefrierbeuteln ist noch soooo viel Platz im Tiefkühlfach!). Die kleinen Rubine hatten heute aber anscheinend ihren freien Tag (klar, es war ja Sonntag), denn zu Beginn unseres Streifzugs fanden sich mehr Hinterlassenschaften von Hirschen, Elchen, Rentieren und Bären als Beeren.
Madame war überdies auch nicht besonders konzentriert bei der Sache, hatte sie doch permanent Puls wegen einer möglichen Begegnung mit besagten Wildtieren. Hätte hätte Fahrradkette sie sich doch vorher über Bärenabschreckung informiert. Monsieur lachte. Mit zwei lauten Kindern im Schlepptau würde man eher den Weihnachtsmann treffen.
Getroffen haben wir dann in der Nähe eines Sees einen schmalen Pfad, der zu einer kleinen Lichtung führte. Dort angekommen bekam Madame diesen gewissen Blick (die Schnäppchen-Sammel-Gratis-Stielaugen) - innerlich jubilierend wanderten die Objekte der Beeren-Begierde in den obligatorischen Messbecher.
Bis...ja bis eine ältere Dame, ganz in Rot gekleidet, plötzlich vor ihr auftauchte. Madame, kurz vorm Nervenzusammenbruch, hätte beinahe den fast vollen Messbecher fallen lassen. Die Dame hieß uns freundlich zu folgen. Nur wenige Minuten später standen wir vor einem winzigen, verwitterten Häuschen, das geradewegs Hänsel und Gretel hätte entsprungen sein können. Das Dach mit getrocknetem Preiselbeerlaub gedeckt (nicht aus Lebkuchen), sonst wie sie selbst komplett in Rot gehalten. In der Hütte eine kleine Kochstelle mit offenem Feuer, eine Schlafstelle samt kleiner Sitzgelegenheit, auf die wir uns zwängten. Die Wände waren regelrecht tapeziert mit Regalen voller Gläser - mit Preiselbeeren. Ein Einmach-Paradies! Bevor uns die Dame ihr Geheimrezept für Preiselbeersaft verraten wollte, schlürften wir noch einen ganz außergewöhnlich duftenden Tee. Der uns allen nicht besonders gut bekam. Übelkeit. Schwindel. Seltsame Halluzinationen. Irgendetwas lief hier gerade ganz und gar nicht preiselbeerrund für uns. Höchste Zeit zu verschwinden. Stolpernd erreichten wir nach schier endloser Zeit den rettenden See, wo wir nach dem seltsamen Tee-Dunst endlich wieder durchatmen konnten und langsam an Klarheit gewannen.

Und wer jetzt glaubt, diese Geschichte sei wahr - dem haben wir eine Preiselbeere aufgebunden!
Der Sumpfporst hat uns darauf gebracht - das zur Gattung der Rhododendren gehörende Heidekrautgewächs ist vorzusgweise im Norden in sumpfigen Hochmooren zu finden, verströmt einen wirklich ganz außergewöhnlichen Duft und kann, wenn man sich länger in seiner Nähe aufhält, zu Schwindel und Halluzinationen führen.

Wir hatten einen ganz wundervoll unaufgeregten Tag im finnischen Wald - ohne Wildtiere, verrückte finnische Hexe und seltsamem Tee. Aber wirklich wunderbaren Wasserporst-Duft (ohne Nebenwirkungen) und einen Messbecher voll Preiselbeeren. Versprochen!

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