
Sanna, Peter, Oskar & Ida
Heidweiler
Sommer/Herbst 2021
Skandinavien
Woche 1 - Woche 2 - Woche 3 - Woche 4 - Woche 5 - Woche 6 - Woche 7 - Woche 8 - Woche 9 - Woche 10 - Woche 11 - Woche 12
60
20.9.2021
Santa Claus is coming to town
Bereits zum Frühstück erklungen feierlichst Rolf Zuckowskis Weihnachtsklassiker. Mitte September doch nichts Ungewöhnliches - immerhin gibt es ab jetzt die ersten Lebkuchen in den Supermärkten zu kaufen und bereits ab Juli laufen bei Heidweilers die Vocatello'schen Vorbereitungen auf die weihnachtliche Gesangssaison auf Hochtouren.
Heute gratis dazu - Vorfreude. Riesige Vorfreude! Vor allem bei den Minimenschen.
Denn in einer knappen Stunde Fahrtzeit ging es nach Rovaniemi, der Stadt direkt am nördlichen Polarkreis und Weihnachtsmekka par exellence! Hier ist Weihnachten 365 Tage im Jahr. 2010 hat diese knapp 100.000 Einwohner starke Stadt sogar den Status als offizielle Heimat des Weihnachtsmannes erhalten und empfängt pro Jahr 500.000 Touristen.
Fast erschlagen wurden wir dann im Weihnachtsmanndorf - von Restaurants, Souvenirshops, Geschenkeläden und Bekleidungsboutiquen. Süßer die Kassen nie klingeln! Der Themenpark (ähnlich wie Disneyland) sowie Santas Chocolate and Candy Shop waren zu unserem Glück momentan geschlossen (für alle Interessierten - die Wintersaison beginnt Ende Oktober).
Das Büro des Weihnachtsmannes (geöffnet täglich von 11-15h) versprühte einen Harry Potter-Polarexpress-Wunder von Manhattan- Charme. Durch verwinkelte Gänge, einer geheimnisvollen Beleuchtung, magischer Musik und jeder Menge Deko (darunter Elfzillionen Geschenkepäckchen) suchte man sich den Weg zum Oberhaupt der rot-weißen Feierlichkeit.
Der Weihnachtsmann, ein wirklich sehr netter Finne, plauderte ganz eloquent auf Deutsch und Englisch (...ob er wohl auch Mandarin spricht?) mit den lieben Kleinen, fragte dies und das. Unter anderem auch, ob die Minimenschen schon ihren Wunschzettel geschrieben hätten...diesen elterlichen Höllen-Zettel kennen sie tatsächlich noch gar nicht. Madame hätte die beiden am liebsten auf der Stelle geblitzdingst, aber die Men in Black waren leider gerade nicht zugegen.
Für sagenhafte 40€ konnte man Fotos und ein Video des Besuchs in den heiligen Hallen kaufen. In Worten VIERZIG. Und wir haben es getan! So ein erinnerungswürdiger Moment, vor allem für die Minis, muss festgehalten werden. Wann trifft man schon mal den Chef höchstpersönlich!?
Höchst taktisch (wie die Süßigkeiten an der Supermarktkasse) wurde man nach dem Plauderstündchen (das eher ein Minütchen war) durch den angeschlossenen Glitzer-Funkel-Schimmer-Shop gelotst - da sahen selbst die Verkäufer wie lustig-fröhliche Elfen aus. Abgesehen einiger Postkarten (die auch direkt vor Ort in den Spezial-Briefkasten wanderten) verließ man den Laden zur elterlichen Freude ohne zusätzlichen Weihnachtsklimbim und Feiertagskitsch (welche Hässlichkeiten sich da in den Regalen tummelten, ist kaum zu beschreiben...).
Draußen wollte sich das Christmas-Feeling trotz permanentem Gedudel (das weihnachtliche Pendant zur Synthesizer-Alleinunterhalter-Mucke auf einer Donau-Schiffsfahrt) nicht so richtig einstellen - lag möglichweise an strahlendem Sonnenschein und sagenhaften 7 Grad! Da kann man wohl eher vom Sommerdomizil des weißbärtigen Mannes sprechen. Sobald der erste Schnee fällt, ist hier aber die Besucherhölle los - wie gut, dass der örtliche Flughafen nur 3 km entfernt liegt. Da reist man mit dem Privatjet an und leistet sich für klitzekleine 1290€ eine Privataudienz beim Weihnachtsmann im Santapark. Inklusive Elfempfang, Spaziergang im magischen Wald und unbegrenzter Fotoaufnahmen mit eigener(!) Kamera. Himmel... Wir freuen uns an den Feiertagen vor allem auf eines - auf Zeit mit unserer Familie. In der Hoffnung, dass wir dieses Jahr das Fest der Liebe mit allen Herzensmenschen feiern dürfen.










61
21.9.2021
In the middle of (s)nowhere
Die letzte Nacht hatte wie so oft Briefschlitzbreite. Für die Eltern. Die Minimenschen scheinen sich in der Dunkelheit auf Weihnachtsmanngröße auszudehnen. Mit jeweils 3 Elfen unter dem Arm. Da kann man froh sein, wenn angesichts der Enge nur die Hälfte der Extremitäten taub wird. Ist man dann doch gezwungen, sich zu bewegen, um das vollständige Absterben eines oder mehrerer Gliedmaßen zu verhindern, wird man mit dem nächsten Problem konfrontiert - den vermaledeiten Bettdecken. Ganz neu gekauft. In Übergröße. Wunderschön weiß. Aber - außen hui, innen sowas von pfui! Bei jeder noch so kleinsten Bewegung knistern die Decken derart laut, dass der Kaiser von China in seinen hoheitlichen Gemächern aufwachen würde. Trotz Oropax. Um sich also so zu drehen, dass kein Minimensch augenblicklich aus dem Schlaf gerissen wird, muss man den günstigsten Zeitpunkt abwarten - entweder, wenn gerade ein Auto vorbeifährt (kommt hier nachts eher weniger vor) oder wenn im benachbarten Wald ein Elch pupst (kommt so gut wie nie vor). Großes Dilemma.
Kein Dilemma war die Entscheidung für das heutige Programm...in knappen 1,5 Stunden hieß uns Sallatunturi willkommen. Noch oberhalb des nördlichen Polarkreises wirbt die Siedlung mit dem Slogan in the middle of (s)nowhere. Und dass es hier vor allem um das große Schneegeschäft geht, sah man sofort - Schneemobile (jetzt schon mal rausgestellt für den baldigen Wintereinbruch), Skilifte, Langlaufloipen, Skipisten und Schneekanonen. Aber auch unwahrscheinlich viele Wandermöglichkeiten mit toll ausgebauten Wegen - wir entschieden uns für den Pfad von Ämmi (zu dt. Großmutter). Eine wunderschöne Wanderung, mit 2,6 km hervorragende Kinder-Länge, durch bunt herbstliches Hochmoor. Spaziert wurde meist über Holzstege, um den Füßen das Bad im sumpfigen Gelände zu ersparen.
Auf halber Strecke Pause an einem kleinen See mit einer offenen Hütte sowie bereitgestelltem Holz und allem, was man so für ein Feuerchen braucht. Die Finnen denken aber auch an alles. Der Rückweg durch einen Preiselbeerwald wurde für Madame zur ultimativen Sammelprüfung - durchgefallen auf ganzer Linie! Letztendlich mussste sogar die leere Thermoskanne herhalten. Und die Handschuhe. Ungelogen!





62
Sie lesen einen Gastbeitrag unseres Autors Monsieur H.
22.9.2021
​
Bärenjagd
​
Eine einsame, herbstliche, sonnenbeschienene Straße in Richtung Oulanka Nationalpark. Dann, wir biegen um eine Kurve: Ein voller Parkplatz. Eigentlich kein Wunder bei einem der größten und meistbesuchten Nationalparks Finnlands. Wir lassen uns immer wieder aufs Neue von der Natur den Atem rauben. Diesmal im Programm: die wildtosenden Kiutaköngäs-Stromschnellen, gemächlich dahinziehende Flussläufe mit pittoresken grün, goldgelb und rot getupften Inselchen und wie könnte es anders sein: Preiselbeeren.
Im Gegensatz zu Madame beginnt für Monsieur aber erst noch der spannendste Teil des Tages.
Zuvor: 30 Kilometer einsamste Landstraße gen russischer Grenze, dann plötzlich Adrenalin pur… ein entgegenkommendes Auto, 10 Kilometer unbefestigte, mit Schlaglöchern übersäte Straße, 3 Kilometer schmale, einspurige Schotterpiste. Ob wir noch auf dem richtigen Weg sind? Hoffentlich kommt uns niemand entgegen. Ausweichmöglichkeiten? Fehlanzeige. Madame hält die Luft an. Aber wir haben ja ein offroadtaugliches Gefährt mit Allradantrieb. Vielleicht ist dies aber auch nur ein stiller Wunsch.
Dann 2 Kilometer vor der russischen Grenze - das Ende der Straße. Ein kleiner, nennen wir es Parkplatz.
Angekommen, ausgestiegen und dann geht es direkt mit ein paar weiteren Gästen stillschweigend im Gänsemarsch einen schmalen Fußweg zu einer Schutzhütte. Ausgestattet mit schallschluckendem Fußboden, einer entspiegelten Glasscheibe, ein paar Öffnungen für Kameras, Ferngläsern und Stühlen. Keine weiteren Worte werden gewechselt.
Die Einstellungen der Kameras werden nochmals überprüft. Der Hintern auf dem Stuhl in eine möglichst bequeme Stellung gebracht. Fernglas gezückt. Das Warten beginnt. 10 Minuten, 20, 30, 1 Stunde. Der Hintern fühlt sich bereits an wie nach 4 Stunden einer beliebigen Wagneraufführrung. Plötzlich. Da war doch etwas am Waldrand. Ein Bär? Nein, ein prächtiger Hirsch. Moment. Ach, doch nur ein geweihtragender Baum. Vielleicht ist das Atmen meiner Mitbeobachter doch zu laut. Braunbären sollen sehr gut hören und riechen können. Zwischendurch spiegelt die Innenseite des Fensters das Gesicht von Monsieur. Gut sieht er aus.
Plötzlich reißen alle in bester Synchronschwimmermanier die Ferngläser an die Augen. Und da tappt, die Schnauze witternd in die Luft erhoben, ein wahrlich prächtiger Braunbär aus dem Wald auf die Lichtung. Sogar die etwas laut atmende Person zwei Plätze links von mir hält die Luft an. Die Kameras klicken und klicken.
Auch wenn der Bär viel zu schnell die Lichtung wieder verlässt, tauchen in den nächsten drei Stunden noch zwei weitere Bären auf. Man will ihnen nachts nicht begegnen. Kurz bevor es absolut dunkel ist, verlassen wir wieder in gleicher Formation die Hütte und folgen dem Pfad zurück zu unseren Autos. Nur wir bleiben mit unserem Wohnmobil an Ort und Stelle. Man möchte diese Straße mit einem solchen Gefährt doch lieber bei Tageslicht hinter sich bringen.
Eine Frage bleibt jedoch. Wie komme ich ins Wohnmobil? Madame hat sicherlich die Türen fachmännisch gegen etwaige Bärenangriffe verrammelt.







63
23.9.2021
Hossa Hossa Hossa
Rückblickend war die norwegische Aussprache ein Mäusepups gegen die der Finnen. Selbst wenn Madame zum Fernglas greift und aus 100 Meter Entfernung versucht, die Ortsnamen zu entziffern - bei Namen wie Äteritsiputeritsipuolilautatsijänkä hat sie aber gerade mal die Hälfte des Wortes artikuliert, wenn Monsieur bereits am Schild vorbeigefahren ist. Da nützt es auch herzlich wenig, dass es im Finnischen kein Å, Æ und Ø mehr gibt. Die finnische Sprache ist so weit weg vom Deutschen wie Pamela Anderson vom Oscar-Gewinn. Nur äußerst selten gelingt eine halbwegs gute Worterkennung - wie bei Tomaatti ketsuppi beispielsweise.
Die Aussprache unseres heutigen Zielortes war hingegen ein Klacks und verlief ohne verknotete Zungen - im Hossa Nationalpark, weiterhin in direkter Nähe zur russischen Grenze, wurde zunächst das Besucherzentrum unsicher gemacht. Hieß - Stärkung am Buffet für die nachfolgende Wanderung. Und siehe da - es gibt sie tatsächlich. Die vegetarischen Mahlzeiten! Ganz glücklich über Reis, Kartoffeln und leckere Was-auch-immer-das-waren-Käsepfannkuchen-oder-so-ähnlich. Die waren wirklich gut und verliehen eine ordentliche Kaloriengrundlage für unsere 2,9 km lange Wanderung...für die wir exakt 3 Stunden benötigten! Aber aber, nicht doch. Der Bummelkasten war keinesfalls unterwegs (den hören wir nur über Spotify), aber wir auf Grill-Mission. Denn auch auf dieser Wanderung gab es rundherum ganz prima Hüttchen mit Feuerstellen und gratis Feuerholz, Axt, Grillspießen und dergleichen. Diesmal waren wir vorbereitet - und hatten Würstchen und Marshmallows (in Ida-Sprache Marschellos) dabei. So ein Feuerchen ist schon was Tolles...ganz besonders vor dieser wunderschönen Kulisse (auch wenn es Jahre dauern wird, bis der Rauch aus der Kleidung verschwunden ist!). Da vergeht die Zeit wie im Flug. Diese Grill-Tradition sollte auch in good old Germany eingeführt werden. Bis dahin weihen nach unserer Rückkehr den neuen Grill ein (kam 2 Tage vor Abfahrt) und legen uns eine richtig schöne Feuerschale zu - das klappt ja, wie wir heute gesehen haben, auch bei Temperaturen von 1 Grad ganz wunderbar.








64
24.9.2021
Keep calm and run
Dass wir uns immer mehr Richtung Heimat bewegen, merkt man nicht nur an den zahlreichen Lidl-Supermärkten, die Finnland ab Südlappland säumen, sondern vor allem an diesem besonderen Rückreisegefühl, das gar nicht so einfach in Worte zu fassen ist. Momentan durchfahren wir ein Gebiet, das keine besonders große Zahl an Hotspots oder Sightseeing-Plätzen aufweist. Wir ertappen uns dabei, viel Strecke zu machen...und sonst nicht ganz so viel. Wie heute - nachdem lediglich noch mal ein Riesenvorrat an Grillwürstchen (Madame ergatterte einen Halloumi für den Bruchteil des Preises seines norwegischen Käse-Kollegens) und Marshmallows in den absolut fantastischen 2-Sitzer-Auto-Einkaufswagen wanderten (das Tages-Highlight für die Minimenschen) schlug man bereits um die Mittagszeit am Nachtlager auf und tat...ähm. Irgendwie nichts. Es gibt tatsächlich fast nichts zu berichten (und lediglich ein Foto des grandiosen Einkaufswagens. Wahnsinn.).
Der Lethargie überdrüssig war Madame dann am späten Nachmittag. Sie ging laufen - und musste zunächst im Duden nachschlagen, wie dieses Wort überhaupt geschrieben wird. Das hatte sie, weiß Gott auch immer, vergessen. So wie ihren letzten Lauf. Der war so vor 100 Jahren. Könnten auch 150 gewesen sein. Dieses Laufen ist schon eine feine Sache - auch hier in Finnland. Wenn da nicht diese eine Sache wäre - fängt mit B an und hört mit ären auf. Wie eine unter Verfolgungswahn leidende Joggerin (oder wie auch immer man das bei ihr nennen nennen konnte) schleppte sich Madame die Berge und Täler in der finnischen Wildnis hoch und runter. Der Puls - ging hoch. Und höher. Wie die Angst. Hinter jedem Baum, hinter jedem Strauch lauerte die tierische Gefahr. Ach, wäre sie doch nur an ihrer Queich. Monsieur meinte noch, am besten laut singen - das vetreibe die Bären sofort wegen ihres besonders guten Gehörs. Ja klar - singen beim Laufen. Aha! Nach einer Weile fing der linke Schuh an zu quietschen. Ob das ausreichte, um die Bären in die Flucht zu schlagen? Eher weniger. Vielleicht aber die Autos, die mit bis zu 100 km/h an Madame vorbeirauschten...da hatte man zeitweise mehr Angst, von einem Auto überfahren zu werden als die Bekanntschaft eines Bären zu machen. Je weiter sie aber lief, desto mehr wünschte sie sich die finnische Rush Hour freitags um 18h herbei (das waren hoffentlich mehr als 10 Autos pro Stunde). Denn so langsam fiel die Dämmerung ein und mit ihr sicherlich tausende gefräßiger Bären, die nur auf Madames Corona-Speck gewartet hatten. Hätte hätte Fahrradkette sie sich ihren Wanst doch einfach am Stellplatz mit noch mehr gerösteten Marshmallows vollgeschlagen und hinterher noch eine heiße Schokolade geschlürft. Mit Sahne. Aber da musste sie jetzt durch - und rannte. Schnell. Viel zu schnell. Gute 5 Minuten pro Kilometer und mit 182er Puls im klitzenkleinen roten Bereich. Himmel! Aber was nützt einem bitteschön gemächliches grünes Dahintraben, wenn man hinterher als Bärenfutter endet! Wenn es um Leben und Tod geht, läuft man halt mal ein bisschen schneller...und nach 9 geschafften Kilometern (und einer noch geschaffteren Madame) schmeckte die doppelte Portion Abendessen umso besser. Alles in allem dann doch eine runde Sache...vor allem für den Bauch.

65
25.9.2021
Irgendwo im Nirgendwo
Nach dem familiären Wohnmobil-Päuschen gestern trieb es uns heute trotz Regenwetters nach draußen. In dem kleinen Städtchen Kuhmo wandelten wir auf einem schönen Kulturpfad durch den Ort. Oder zumindest an den angepriesenen Stromschnellen (Wasserstrudel trafen es wohl eher) auf Holzstegen direkt über dem Wasser entlang. Den Rest des Weges schenkten wir uns in Anbetracht der Zeit...Kinder und laufen - das klappt schon. Aber eben im Matrix- Zeitlupentempo.
Nachdem die von der Regenkleidung verursachte Überflutung im Wohnmobil beseitigt war (Gummistiefel und Co. im Flur abstellen ist halt nicht), übernahm Madame für das letzte Stück das Steuer. Aus den angegebenen 40 Minuten wurde dann eine geschlagene Stunde. Nein. Kein Stau. Auf 45 km genau 3 PKWs im Gegenverkehr (auf der eigenen Spur völligst alleine unterwegs).
Aber die Straßen durch diese wilde Einöde! Bei jedem Abzweig nach links wusste man bereits, dass die kommende Straße noch schlechter und schmaler werden würde als die zuvor befahrene. Immerhin konnte man in der Einsamkeit frei zwischen Links- und Rechtsverkehr wählen, um den Massen an Schlaglöchern auszuweichen. Klappte so semigut. Mit den durch den Regen wassergefüllten Kratern sah das Wohnmobil hinterher aus als hätte es ein Schlamm-Catchen im billigen Privatfernsehen gewonnen.
Dazu gesellte sich ein Hügel nach dem anderen, aufgereiht wie an einer Perlenkette.
Das war so ähnlich wie ein Wellengang im Spaßbad. Spaß hatten nur die Kinder. Und Monsieur - beim Beobachten von Madame. Die schwitzte mal wieder was das Zeug hielt und war sich bei jedem neuen Hügel sicher, dass ihn das Wohnmobil nicht bezwingen würde. Sie sprach dem Gefährt mantraähnlich zu und lehnte sich bei Steigungen automatisch ganz weit nach vorne (bis die Nase an der Frontscheibe klebte), um dem Wohnmobil dadurch noch mehr Power zu verschaffen. Unfassbar.
Unfassbar war dann auch die tatsächliche Ankunft am Zielort...hier konnte man das Motto "Irgendwo im Nirgendwo" wörtlich nehmen. In einer Sackgasse. Der Weg wäre eigentlich weitergegangen, uneigentich war ein See im Weg. Brücke weg, dafür auf jeder Seite ein Absperrband mit bunten Pseudo-Wimpeln dran. Das war mal eine Partydeko! Für die einsamste Feier der Welt. Dachten wir zumindest...denn gegen Mitternacht erklang tatsächlich Fetenmucke irgendwo aus dem Nirgendwo. Let's party!






66
26.9.2021
Sonntags im pfälzer Wald
Ganz genauso fühlten wir uns heute im Koli Nationalpark als wir auf der Suche nach einem Parkplatz waren. Und völlig überrascht, wie viele Finnen es doch gibt. Das hatten wir zwischenzeitlich einfach komplett vergessen!
Aber bei strahlendem Sonnenschein an einem Sonntagmittag kamen sie von überall her aus ihren schönen Holzhäuschen und stürmten sämtliche Wanderwege im Nationalpark...uns blieb nur das Parken am viel zu steilen Straßenrand und die Hoffnung, dass die Handbremse fest genug angezogen war.
Die ausgesuchte Wanderung durch riesige Felsblöcke über mehrere Hügel war für Madame eher ein Klettersteig, für dessen Besteigung man die beste hochalpine Ausrüstung gebraucht hätte. Monsieur und die Kinder schwebten geradezu wie Legolas in der Herr der Ringe über sämtliches Gestein. Jo. Am Ende wurden aber ausnahmslos alle belohnt - mit atemberaubenden Ausblicken in den Park. Nach Osten ein imposanter See mit Hunderten kleinen Inseln, nach Westen eine fast bizarre Landschaft aus Wäldern, die aus verschiedensten Tälern und kleinen Hügeln bestanden. Der gemischte Wald aus Laub- und Nadelbäumen wirkte im Sonnenlicht und all seinen Grün-, Gelb- und Orangetönen so lebendig wie eines von Monets Werken.
Gewerkelt wurde dann am frühen Abend in der heimischen Miniküche. One pot pasta. Weniger Wasserverbrauch, weniger Geschirreinsatz. Was für eine geniale Idee! Wäre wäre Würstchenfähre Madame mal früher darauf gekommen. Die leckeren Nüdelchen musste Monsieur allerdings kalt essen - wollte er doch nur noch schnell zum Sonnenuntergang ein weiteres Mal die finnischen Alpen erklimmen. Dauert nicht lange. Ja klar. Nach gut 2 Stunden Abstinenz glaubte Madame schon an einen Absturz ins unwegsame Gelände und rief in Gedanken bereits die finnischen Einsatzkräfte als besagter Herr völlig euphorisch am Wohnmobil auftauchte. Er habe zwei Profifotografen auf dem Gipfel getroffen, die ihm nicht nur einige Knips-Tipps sondern vor allem 1001 Ausflugs-Empfehlungen für die letzten Tage in Finnland gaben.
Ende gut. Alles gut.










