
Sanna, Peter, Oskar & Ida
Heidweiler
Frühjahr/Sommer 2022
Großbritannien & Irland
Woche 1 - Woche 2 - Woche 3 - Woche 4 - Woche 5 - Woche 6 - Woche 7 - Woche 8
Woche 9 - Woche 10 - Woche 11 - Woche 12 - Woche 13 - Woche 14 - Woche 15
185
4.5. 2022
Award winning Walk
Award winning - hier in England ist das so eine ganz spezielle Sache. Da wird in jedem noch so kleinsten Dorf prämiert, was es nur zu prämieren gibt - von Käse, Brot, Eis, Keksen, Kuchen, Bieren bis hin zu Hundeshampoo, Toilettenbürsten, Schneebesen und Pubs erhalten wie Zogg (* Anmerkung der Redaktion - eine Figur des Grüffelo-Vaters Axel Scheffler) einen goldenen Stern. Einen doppelten goldenen Stern mit Edelstein erhielt heute die Wanderung am Lake Buttermere. Schon nach den ersten Metern entlang mehrerer Weiden mit hunderten Schafen öffnete sich dieser wunderschöne See mit seiner geradezu pittoresken Uferlandschaft. Knorzige, urig gewachsene Bäume, strahlend gelbe Stechginstermeere, kleine Holzbrücken, ein Weg voller heller Steine, die von Weitem wie Perlen zwischen dem grasbewachsenem saftigen Grün und den kleinen Bachläufen glänzten. Hier und da riss die Wolkendecke auf und ließ durch einzelne Sonnenflecken die Landschaft für einige Sekunden in einem völlig anderen Licht erscheinen. Die Minimenschen erfreuten sich an gefundenen Schnecken und Kaulquappen und die Großen an dieser fantastischen Natur. Aber was will man auch anderes erwarten von einem See, in dem das Wort BUTTER steckt! GUTEBUTTERSEE. Hmmmm...















186
5.5.2022
Zwiebelberliner
Übernachtet wurde auf dem Gelände des Wheatsheaf Inns in Lorton. Ob auch dieses Pub strahlender Gewinner eines Awards war, bleibt wohl ein Rätsel. Eingerichtet war es wirklich stilvoll wie eben in einem typisch englischen Pub - schwere Holztische, petrolfarbene Wände, weicher Teppich, zauberhafte Beleuchtung. Die Speisekarte hatte sogar mehrere Gerichte für Vegetarier zu bieten. Yippie! Leider war das Essen gar nicht mal so preisverdächtig - och nöööö. Die servierten Zwiebelringe als Beilage hätten gut und gerne als Spaß-Berliner mit deftiger Füllung durchgehen können. Das vegetarische Curry erinnerte trotz vorheriger Nachfrage an das verhasste Paprikagemüse von Oma Gertrud (und sie kochte eigentlich richtig gut!)...immerhin konnte Madame wegen der Paprika-Unverträglichkeit wenigstens die Beilagen in Form von Mango-Chutney, Reis und Pommes verdrücken. Monsieur hatte es auch nicht besser getroffen - die Vorspeise bestand aus einem Black Pudding-Turm (aus Blutwurst und den besagten Zwiebel-Berlinern). Beim Hauptgang freute er sich auf ein richtig schönes Gammon-Steak wie es augenscheinlich kurz zuvor am Nachbartisch serviert wurde. Gekommen war dann aber eine Scheibe Kassler mit 2 Spiegeleiern und...tatatataaaaaa - Blutwurst. Also irgendwann ist es auch gut mit dem ganzen Gewurste! Aber die Pommes, die waren gut. Richtig gut war dann der Besuch der schottischen (jahaaa, wir sind seit heute in Scotland) Wasserburg Caerlaverock Castle. Das einzigartige dreiecksförmige Schlösschen tat, wie es sich für ein richtiges Schloss gehört - es war geschlossen. Haha. Wegen Sanierung. Diese Burg thronte nicht nur im Wasser, sondern auch auf einem Meer von umliegenden sanften Hügelchen, die nur dazu einluden, rauf- und runterzurennen und sich von der ein oder anderen Erhebung kugeln zu lassen. Eine ganz ruhige Kugel schub man dann auf der 3-Minuten-Fahrt zum Nachtlager inmitten eines zauberhaften Naturschutzgebiets. So lässt's sich leben...

187
6.5.2022
Sie ist wieder da
Sie war weg, weg. Und er war wieder allein, allein. Sie war weg, weg. Nun muss er nicht mehr traurig sein.
Denn - sie. ist. wieder. da.
7 Tage. 168 Stunden. 10.080 Minuten. 604.800 Sekunden musste Monsieur ohne sie auskommen. Nö. Nicht Madame. Viiiiel essentieller. Die rechte Kontaktlinse! Dank eines Bekannten, der mehrfach wöchentlich geschäftlich (private Sendungen werden von Anbietern wie dhl gar nicht mehr angenommen als Eilpost, da jede einzelne Sendung vom Zoll geöffnet wird. Na herzlichen Glückwunsch, ihr armen Beamten...) Waren per Express nach Großbritannien schickt, erwies sich als Engel in der Seenot, ähhh... Sehnot und brachte die seenlichst, also sehnlichst erwartete Seehilfe, nein Sehhilfe auf den Sehweg. Seeweg! (Himmel, dieses Geseeeehe!). In sage und schreibe weniger als 24 Stunden war dieses Paket in Glasgow! Ungelogen. "That's crazy fast" meinte die Dame am Campingplatz, der als Empfänger auserkoren war. Der lag absolut idyllisch an einem Autobahnkreuz direkt vor Glasgows Toren. Da ist nur der Nürburgring schöner...wrummm wrumm wrumm wrummmmm!

188
7.5.2022
Die Eule mit der Beule
Erstes Highlight für den Minimonsieur - zusammen mit seinem Kindersitz ausnahmsweise nach vorne auf den Beifahrersitz wechseln, um der Autobahn noch näher zu sein. Die befuhr man heute von Glasgow nach Tyndrum fast ausschließlich, da war die ganze Aus- und Einklapp-Spiegelei nicht nötig. Und mit neuer Kontaktlinse fuhr Monsieur sowieso noch smoother als mit Nasenfahrrad. Während sich Minimonsieur über jeden neuen Überholvorgang freute wie ein Schneekönig beim Besuch der Eisheiligen, feierte die Fraktion auf der Rückbank eine Pferdeparty! Minimadame wünscht sich zum Geburtstag by the way eine Pferd. Also ein echtes. So ein richtig echtes. Also lebendig, Mama, hörst du? Himmel...das kann ja noch was werden. Etwas werden sollte dann auch, in Ermangelung an offiziellen Wanderwegen, unsere eher Ins-Blaue-hinein-Wanderung in Tyndrum. Die stellte sich als ziemlich steile, sehr geröllige Diva entlang eines stillgelegten Minenfeldes heraus, die weder besonders schön noch kinderfreundlich war. Das erfuhr dann der arme Minimonsieur auf dem Rückweg - er übersah eine hohe Steinstufe und fiel fast ungebremst gute 60cm auf den nächsten Vorsprung. Ergebnis - ein Ei, so dick, dass selbst die Eule mit der Beule freiwillig Honig und Pflaster zur Erstversorgung herausgerückt hätte! Suuuper, wenn man erst nach der Rückkehr erfährt (es ist ja nicht so, dass man vorher beim Platzbetreiber nach kindgerechten Ausflugszielen gefragt hätte!), dass es einen kurzen Weg durch den Grüffelowald mit Figuren ganz in der Nähe des Campingplatzes gegeben hätte. Hätte hätte...jaja, den Rest kennen wir. Die restliche Nacht wurde übrigens heiß - um genau zu sein 39,7. Bei Minimadame. Ein Träumchen, wenn man morgens um 4h das halbe Wohnmobil auf den Kopf stellt, nur um festzustellen, dass man nicht nur Madames Gummistiefel, sondern auch den Nurofen Fiebersaft zuhause hat liegen lassen! Zum Haare raufen....aaaarrrgggh! Wie kann denn bitte SOWAS passieren? Aber wie pflegt Herr Papa immer zu sagen - wer nichts erlebt, hat auch nichts zu erzählen. Na bitte. Hiermit erledigt!




189
Sie lesen einen Beitrag unseres Gastautors Monsieur H.
8.5.2022
Über dem Tal der Tränen
"You are hereby ordered to fall upon the rebells, the McDonalds of Glenco, and put all to the sword att fyve of the clock precisely."
Bekannt ist das atemberaubende Tal Glen Coe durch die Erinnerung an ein grausiges Massaker. Nach der Niederlage bei Kilticrankie stellten die englischen Sieger den rebellischen Highland-Clan-Chefs ein Ultimatum: Wer bis zum 1. Januar 1692 den Treueeid auf Wilhelm von Oranien nicht geleistet hatte, dürfe kein Pardon erwarten. Die meisten Highlander schworen den Eid rechtzeitig, nur der Clanchef Maclan Macdonald of Glen Coe erschien zu spät zum Termin (Er hatte den Ort Inverlochy mit Inveraray verwechselt. Ob er eine LRS sein eigen nannte, ist nicht bekannt. ) - für Wilhelm der Anlass, ein Exempel zu statuieren. Er schickte eine Strafexpedition unter der Leitung von Robert Campbell in das Glen Coe. Da dieser mit Maclan McDonald of Glen Coe verwandt war, wurde er mit seinen Truppen gastlich aufgenommen. Man aß, trank und lachte, zwei Wochen lang. Spät in der Nacht zum 13. Februar 1692 befahl Campbell seinen Männern jedoch, die gesamte Sippe der Gastgeber - Frauen, Kinder und Greise eingeschlossen - im Schlaf umzubringen. Die Ausrottung der Macdonald-Sippe gelang nicht ganz. Einige konnten fliehen. Die Kunde der barbarischen
Tat und insbesondere die Nichteinhaltung der sakrosankten Gastfreundschaft versetzte das ganze Land in Aufruhr.
Bei der Tagestour zum höchsten Gipfel des Glen Coe hätte man tatsächlich mehrfach weinen können. Ob des anstrengenden Aufstiegs oder ob des extrem steilen Abstiegs durch Schneefelder. Zwei britische Gipfelstürmer hatten sich beim Abstieg etwas überschätzt und konnten weder vorwärts noch rückwärts weiter. Sie waren den Tränen nahe. Mit gutem Zuspruch gelang es dann doch die beiden Stück für Stück aus ihrer für sie brenzligen Lage heraus zu manövrieren. Selbst das wunderschön grüne 'Hidden Valley' weinte mit unzähligen kleinen Wasserfällen den vereinzelten Wanderern hinterher.
Aber irgendwann muss auch mit dem Weinen Schluss sein. Selbst Madame weinte nicht, obwohl ich den heutigen Muttertag vergessen hatte.
Auch für diese Nachsicht muss man sie einfach lieben.






190
9.5.2022
Schlechtwetttermachfabrik
In einem dunklen Teil der Erde, wo die Sonne niemals scheint,
wo es ewig Regen gibt und hagelt oder schneit,
wo keine netten Menschen wohnen, niemand lacht, Musik macht und es keine Spiele gibt, steht hinter dem Schlechtwetterberge,
die Schlechtwettermachfabrik!
Schlecht gelaunte Zwerge arbeiten dort Tag und Nacht,
dort wird nicht gekichert, dort wird niemals Spaß gemacht.
Außer wenn der Wind einmal richtig günstig steht und all die miese, schlechte Laune zu uns herüberweht.
Und wenn das Wetter bei uns schlecht ist
und du deshalb traurig bist,
dann freuen sich die grauen Zwerge hinter dem Schlechtwetterberge
Die musikalische Neuentdeckung dieser Tour, Herr Jan, bringt es heute mit der Schlechtwettermachfabrik so ziemlich auf den Punkt! Denn nun hat es uns nach fast 5 Wochen England tatsächlich nasskalt erwischt - Dauerregen, grauer, wolkenverhangener Himmel, unangenehmer böiger Wind. Aber nicht nur das Nass von oben trommelte in AC/DC-Lautstärke auf dem Dach. Zeitweise hatte man das Gefühl, direkt am New Yorker Broadway zu übernachten...wahrscheinlich wollten einmal alle den cineastischen Duft des Glen Coe-Tals einatmen - hier kämpften bereits der Highlander und Braveheart um die Ehre, James Bond setzte sich in Skyfall seinem Widersacher Silva entgegen und Harry Potter entzauberte den, dessen Name nicht genannt werden darf, in der Gefangene von Askaban. Gefangene waren wir zum Glück nicht und konnten dieses wirklich wunderschöne Tal in den schottischen Highlands Richtung Oban verlassen. Von hier aus legte die Fähre Richtung Isle of Mull ab. Für eingefleischte Fans der Monty Pythons gab es auf dem Weg dorthin das Stalker Castle aus "Die Ritter der Kokosnuss" zu bestaunen. Bei Dauerregen gelang wenigstens ein Foto des zurzeit geschlossenen Schlosses. Oban wartete nicht nur mit Regen, sondern auch mit einem wunderschönen Altstadtkern auf, in dem einem so wohlklingende Namen entgegensprangen wie das Perle Oban Hotel, Highland Tweed House oder das Palace House. Alles sehr vornehm und exklusiv. Weit weniger exklusiv war der getätigte Einkauf in der Boots Pharmacy - eine XXL Flasche Nurofen mit Orangengeschmack. Wenn es also nach Herrn Murphy ginge, haben wir mit dem Säftchen an Bord kein weiteres Fieber mehr zu erwarten! Erwartet hat uns dann nach 45 minütiger Fährüberfahrt das kleine Örtchen Craignure auf der Isle auf Mull. BeiRegen...
Weißt du wie man graue Zwerge richtig sauer machen kann?
Zieh dir deine Regenjacke und die Gummistiefel an.
Such dir die dicksten Pfützen aus und hüpf da mitten rein.
Denn das ist nass und macht Spaß, bis die Sonne wieder scheint.









191
10.5.2022
Miese Mahlzeit
Dieses Eiland. Dieses Eiland! Die Isle of Mull ist vor allem eins - ein traumhaftes, wunderschönes Inselchen. Tatsächlich ein kleines Paradies, an dem man sich kaum satt sehen konnte. Der Weg von Craignure zur Fidden Farm zauberte uns wie der Magier aus seinem Zylinder ein fantastisches Naturfeuerwerk vor die Augen - die Wolken hatten dem Blau und Sonnenschein Platz gemacht und offenbarten schroffe Felsformationen direkt an der Küste, hügeliges Gelände, durchzogen von saftig grünen Weiden voll grasender Schafe und schottischer Hochlandrinder, kleine Seen und richtig viel Entschleunigung dank single track roads. Diese Sträßchen bieten Platz für genau eine Fahrzeugbreite - Gegenverkehr werden in sogenannten passing places vorbeigelassen. Die Ankunft an der riesigen Fidden Farm ganz am südlichsten Zipfel ein einziges Wow! Weiße Strände aus Muschelkalk, die unter den Füßen knirschten wie feinster Schnee und bestens geeignet, die schönsten Sandburgen zu bauen. "Und aus den Algen holen wir für dich das Omega 3 heraus, Mama" - so zumindest der Minimonsieur. Einen kleinen Haken hatte dieses Inselidyll allerdings - es gibt keinen Supermarkt. Die Betreiber der Fidden Farm erhalten einmal im Monat eine riesige Lebensmittellieferung, von der der größte Teil eingefroren wird. Klingt irgendwie nach miesen Mahlzeiten... Alles andere als mies dann die Mahlzeit am Abend - Monsieur erstand am Vormittag einen 2 kg (kleinste Größe!) Sack voller Miesmuscheln. Fangfrisch vom selben Tag. Für 2,50£. An einem unbesetzten Verkaufsständchen mit Schraubglas für ehrliche Käufer. Und um ehrlich zu sein - 2 kg Miese sind für 4 Personen (darunter zwei Minimenschen und eine Veggie-Madame) sehr überdimensioniert. Kurzerhand den abgekämpften Radfahrer vom Nachbarzelt in die gute Stube eingeladen. David, ein Gärtner aus Bristol, haute nach dem anstrengenden Gestrampel glücklicherweise ordentlich rein, sodass am Ende alles ratzeputz vernichtet war (und dass Madame auch einige der miesen Muscheln verdrückt hat, lassen wir an dieser Stelle mal unter den Tisch fallen!). Plumps...










