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Frühjahr/Sommer 2022

Großbritannien & Irland

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25.5.2022

Der Rand vom Butterbrot

Ich weiß, die Mitte schmeckt weich und saftig,
es gibt keinen, der die Mitte nicht mag.
Da liegt der ganze Belag.
Doch ich bin gar nicht so hart wie die anderen immer sagen.
Da kannst du Butter, Käse und die Marmelade fragen.
Ich halt den Laden hier zusammen, laß mich nicht so leicht verbiegen,
doch dafür lässt du mich am Ende, einfach liegen.
Hallo, hier spricht der Rand von deinem Butterbrot,
Hallo, kannst du mich hören?
Hallo, hier spricht der Rand von deinem Butterbrot.
Du hast mich wohl vergessen. Würdest du mich bitte auch noch essen?

(Herr Jan)


Aber liebend gerne würden wir sogar die krustigste aller Butterbrotkrusten mit Genuss verputzen - wenn, ja wenn es hier mal ein Brot mit Kruste gäbe! Diese seelenlosen Labbel-Wabbel-Dinger sind weicher als jeder Waldmeisterwackelpudding...ein Jammer. Aber - es gibt Lichtblicke! Wie die kleine Bäckerei in Talmine, deren deutsche Bäckerin german bread nach alten Rezepturen zaubern sollte. Die Vorfreude auf gute, köstlich-krustige Backwaren tröstete über den erneuten Regen hinweg. Und in der Smoo cave gab es das Nass glücklicherweise nur von unten in Form von Wasserpfützen - Glück, wer das richtige Schuhwerk trug, um nach Herzenslust darin herumzuspringen (und andere Touristen ohne Regenkleidung nass zu spritzen...). Mit Konfettikanone und jeder Menge Vorfreude näherte man sich in Talmine besagter german Bäckerei - und sah nichts. Außer langen Gesichtern! Die Bäckerin musste vor ein paar Wochen überraschend zu einem mehrmonatigen Aufenthalt nach Deutschland zurückkehren...schade Marmelade. Der kleine Strand am Stellplatz war aber trotzdem richtig schön...Brot hin oder her. Mit oder ohne Marmelade.

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Sie lesen einen Beitrag unseres Gastautors Monsieur H.

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26.5.2022

Don't trust Google Maps

"Monsieur, hier musst du links abbiegen". Das Sträßchen sieht recht schmal aus, und an Höhe ob der umliegenden Bäume fehlt es ebenfalls, aber es gibt frische Eier zu kaufen.  Gegenverkehr gibt es nicht. Nach zwei Kilometern eine breitere Straße. Im Rückspiegel sehen wir das Schild: "Not suitable for Caravans, Motorhomes and any larger vehicles". Wir haben das Gegenteil bewiesen und herzlich gelacht. Hin und wieder schlägt einem besagte Software merkwürdige Abkürzungen vor.
Weiter vorbei geht es an blauen Seen, Bergen (in der Schweiz würde man wohl von Unebenheiten im Flachland sprechen) und dann in eine weite, nahezu menschenleere Landschaft.
Halt. 
Das hatten wir doch schon mal. Sind wir wieder in Nordlappland? Heißt es schon wieder: "Don't trust Google Maps! "?


Wunderschöne, ebene Landschaft so weit das Auge reicht? Stimmt!


Vereinzelte Seen? Stimmt!


Alle 10 Minuten ein Auto im Gegenverkehr? Stimmt!


Gras, Flechten, mooriges Gelände rechts und links des Weges? Stimmt!


Selbsterkenntnis der Unfähigkeit schier endlose Weiten fotografisch                  festzuhalten?

Leider ja!


10° C im Frühsommer?

Wir hätten die kurzen Hosen zu Hause lassen sollen. Aber wir hoffen.


Sonne und Regen in beständigem Wechsel? Ja, ja!


Rentiere, die plötzlich auf der Straße stehen und sich von unserem                    Gefährt nicht stören lassen?

Komisch, gestern waren wir doch noch in Schottland.

Vielleicht sind es doch Hirsche. Wir sind uns nicht völlig sicher.

Für die menschenleere Landschaft gibt es neben den klimatischen Bedingungen tatsächlich eine Erklärung:
Die Highland Clearances - Heimatvertreibungen der Schotten: Ein weiteres schottisches Trauma.
Der Clan-Chief, der Häuptling der Sippe, wurde gemeinhin als der Wächter des Landes angesehen und eben nicht als der Eigentümer. Das Land gehörte im Verständnis der Clan-Mitglieder allen.
Nach der Schlacht von Culloden (1746), nach der die siegreichen Briten das alte Clansystem weitgehend auflösten, hielten einige Chiefs noch an der alten Rolle als Beschützer fest, doch am Ende kamen alle unter einen finanziellen Erfolgsdruck, der durch die erzwungene Öffnung der Highland-Gesellschaft stattfand.

Lebten die Chiefs früher nur von Lebensmitteln, die ihnen die Clan-Mitglieder abgaben, benötigten sie nun Geld. Darum begannen sie das Land an die Bauern zu vermieten, die zahlten. Somit war die alte Tradition aufgebrochen und die Chiefs verwandelten sich von „patriarchalischen Regenten in habgierige Gutsherren“ (Samuel Johnson) . Die Chiefs wurden zu Lairds (ähnlich Lords) .
Dieser Treuebruch war für viele Clan-Mitglieder nicht nachvollziehbar. Wer nicht zahlen konnte, wurde vertrieben – und das waren die meisten. Auswanderungswellen nach Amerika waren eine der Folgen. Die Häuser und kleinen Dörfer wurden abgebrannt, fruchtbare und gepflegte Äcker im Landesinneren zu reinem Weideland degradiert – zuerst für Rinder, die nun massenhaft gezüchtet in die Lowlands verkauft wurden, später durch Schafe und deren Wolle. All das brachte mehr als die Bauernpacht.

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27.5.2022

Fiddler on the ferry

Donnerstag, 10h05 - Madame, schwer bewaffnet, trat eine schon längst überfällige Mission an. Mitten in the schottisch nowhere machte sie Monsieur kürzer. Auf exakt 15 mm. Der Rasierer surrte und aus der Haarmenge, die da zu Boden fiel, hätte man locker ein neues Yeti-Kostüm für die nächste Faschingssaison knüpfen können! Die Rasur hatte Folgen - Papa, du hast eine Glatze. Aber nur eine Miniglatze. Also eine Ameisenglatze. Madame wusste es schon immer - Monsieurs Tierliebe kennt keine Grenzen. Selbst bei der Haarpracht. Eine, sagen wir mal, minimal vollere Haarpracht hatten die Hirsche am Straßenrand, an denen wir beinahe vorbeigebraust wären...die Fauna hier im Norden ist wirklich unglaublich (da können Mistkäfer und Waldameise irgendwie einpacken). Am Hafen in Scrabster wartete bereits die Northern Link. In Blautönen gehalten prangte das riesige Konterfei eines heroischen Wikingers auf der Fähre. Na, das konnte ja nur gut werden! Indeed! Auf der 1,5 stündigen Überfahrt auf die Orkney Islands gab es beste musikalische Unterhaltung - schottische Fähre mit irischer Geigenmusik von US-amerikanischen Fiddler-Studenten, die auf dem Weg zum alljährlichen Folk Festival auf Orkney waren. Ein kleines Highlight. Ein Highlight deutlich größeren Ausmaßes der Old Man of Hoy am Rande der Insel Hoy. Ein Brandungspfeiler mit einer Höhe von 137 m. Sehr imposant. Schon beim Vorbeifahren. Nicht nur vorbeigefahren, sondern auch besucht haben wir zwei von gefühlt zehnzillionen Stone circles auf den Orkney Islands. Sowohl die Standing Stones of Stenness als auch der Ring of Brodgar (mit einem Kreisdurchmesser von über 100 m) waren sehr imposant und äußerst besuchenswert. Und um dem Tag die Krone aufzusetzen, nächtigte man an den Yesnaby Klippen - mit einer derart aufbrausenden Brandung, die selbst der Kraft eines Wikingers würdig war.

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28.5.2022
 

Skarabraeus?

 

Weiter unterwegs auf dem Mainland der Orkney Islands. Eine sanfte, saftig grüne Hügellandschaft so weit das Auge reichte, gesäumt von Schafen und noch mehr Kühen. Außer für die tierischen Bewohner, sind die Orkney Islands vor allem für ihre Handwerkskunst bekannt - und so verwundert es auch nicht, dass es einen speziellen creative trail gibt, an dem besonders viele handgefertigte Produkte zu bestaunen und natürlich auch zu kaufen gibt - von Tweedstoff, Wolle zum Stricken und Sticken bis hin zu Goldschmiedarbeiten sowie Flecht- und Korbmöbel. Wir hatten aber anderes vor - Skara Brae (ob es hier auch die heiligen Pillendreher, den Skarab(r)äus, gab, ist nicht überliefert...) wollte entdeckt werden. Diese sagenhafte 5000 Jahre alte Häusersiedlung wurde erst um 1850 herum durch einen Wintersturm zufällig unter einer Sanddüne freigelegt. Eingebettet in kleine, sanfte Hügel direkt an der Küste lagen die Überreste der Häuser wie im Dornröschenschlaf da und erlaubten tiefe Einblicke in das Leben der Steinzeit. Steinzeitlich war die anschließende Wanderung zur Brough of Birsay nicht - die Halbinsel, zu Mainland gehörend, kann nur bei Ebbe zu Fuß erreicht und dementsprechend auch wieder verlassen werden (also lieber auf die Uhr schauen, ansonsten gibt's eine Übernachtung im Freien gratis...). Highlight dieses Inselchens waren aber nicht der Leuchtturm oder die steinzeitlichen Siedlungsreste, sondern die Papageientaucher, die man trotz Windgeschwindigkeiten von drölfzillionen Stundenkilometern aus nächster Nähe an den Klippen bestaunen konnte. Mei, is des schööön!

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29.5.2022

Stadtluft

Heute roch es nach Stadtluft. Immerhin hat Orkneys "Hauptstadt" Kirkwall 7000 Einwohner! Das konnte man sich nicht entgehen lassen - der Citytrip wurde direkt kulinarisch gefeiert bevor man überhaupt mit dem Sightseeing begonnen hatte. Mit Pizza. Von einem tatsächlich italienischen Pizzabäcker. Läääcker! Und während Monsieur ein Gin-Tasting in der Orkney Distillery genoss, zog der Rest durch Earls Palace, Bishops Palace und der absolut fantastischen St.Magnus Cathedral. Um dem drohenden Hungertod nach so viel Kultur zu entgehen, gab es selbstverständlich nur eine Möglichkeit - Eis Eis Baby! Unter anderem one scoop (kein "ball" - wir erinnern an dieser Stelle gerne an den Erdbeerhoden...) of Unicorn-Swirl mit kleinen eingearbeiteten Zuckereinhörnern - wehe, wenn unser Eis-Roberto irgendwann auf diese Idee kommen sollte!

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30.5.2022

Pinguinschwindler

Bevor es "Bye bye Orkney" hieß, genoss man den bis dato regenfreien Tag auf einer kleinen Wanderung auf der Halbinsel Deerness. Bei richtig frühlingshaftem Sonnenwetter spazierte die ganze Mannschaft an den üppig mit zartrosa Grasnelken bewachsenen Klippen entlang und traute wenig später am Brough of Deerness ihren Augen nicht! Da saßen an der gegenüberliegenden Bucht doch tatsächlich Pinguine...die sich wenig später als Schwindler herausstellten! Es war eine Lummen-Art, die den kalten Kollegen zum Verwechseln ähnlich sah. Hmmmm...hätte man ja irgendwie auch gleich drauf kommen können - immerhin befinden wir uns (trotz Google maps) auf der Nordhalbkugel. Haha!
Die Enttäuschung über die Pinguinschwindler wich aber der Begeisterung über die kleine italienische Kapelle, die innen komplett handbemalt war. Erbaut wurde sie von zwei italienischen Strafgefangenen im Zuge des 2.Weltkrieges. Der Geist dieser furchtbaren Zeit ist hier auf den Orkney Islands noch an vielen Ecken zu spüren - die Bucht Scapa Flow war einst der Marinehafen der britischen und us-amerikanischen Streitkräfte. Sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg gelangen immer wieder erfolgreiche Manöver der deutschen Streitkräfte, in deren Verlauf viele Kriegsschiffe zerstört wurden. Noch heute liegen in dieser Bucht zig gesunkene Schiffe, von denen Teile noch immer aus dem Wasser herausragen. Themenwechsel! Fast herausragend war der bunte Kinderbereich auf der Fähre zurück aufs Festland...Minimenschen beschäftigt, Madame und Monsieur glücklich.

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31.5.2022
 

Zählerei

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Genächtigt wurde auf dem wiedergewonnenen schottischen Festland am nordöstlichsten Zipfel. Duncansby head bestach nicht nur durch einen Leuchtturm (der irgendwie genauso aussah wie alle anderen Leuchttürme in Schottland...gleiche Form, gleiches Weiß, gleiches Gelb...), sondern vor allem durch seine zerklüfteten Felsformationen und den Duncansby Seastacks. Nicht zu vergessen die vielen hundert Seevögel wie Möwen, Basstölpel und die heiß geliebten Papageientaucher, die in den Klippen leben und brüten. Da der Bewegungstacho bei diesem Spaziergängchen kaum über Null kam, musste noch ein klein wenig Aktivität folgen - die Whaligoe steps führten steil nach unten zu einer Bucht, die ab Ende des  18.Jahrhunderts als Hafen genutzt wurde. Die Verlegung der exakt 330 Stufen kostete den damaligen Auftraggeber Captain David Brodie gerade einmal 8£ (bei der heutigen Inflation wären wahrscheinlich 8 Zillionen € fällig! Hei ei ei...). Zählen konnte man dann auch am Übernachtungsplatz am Loch fleet. Um die 150 Seehunde ließen sich auf Sandbänken die Sonne auf den Bauch scheinen und sich nicht im Geringsten stören. Und wer abends nicht einschlafen konnte? Der zählte Seehunde, ist doch klar, oder?!

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